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Eine Zeitung auf einem Tisch

Alexander Paul

Warum fällt es uns so schwer?

30.08.2023

Vor einigen Tagen entfachte die Frage nach dem Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und der AfD erneut aufgrund der Äußerungen von ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp. Sie betonte, dass “antisemitische, rassistische und menschenverachtende Einstellungen und Äußerungen in einer katholischen Organisation keinen Platz haben”.

Für mich ist das eine klare Angelegenheit. Dennoch frage ich mich, warum es uns als Katholik*Innen so schwerfällt, uns deutlich von der AfD und ähnlichen Bewegungen zu distanzieren.

Die AfD inszeniert sich als einen Gegenpol zur “Woke Gesellschaft”, vor der sich viele Kirchenmitglieder nach wie vor fürchten. Genau hierin sind rechte Parteien stark: Im Schaffen klarer Feindbilder. Sie suggerieren dabei eine falsche Sicherheit. Schwarz-Weiß-Denken übt nach wie vor eine Anziehungskraft auf viele Menschen aus, da es die Komplexität unserer Welt reduziert. Fühle ich mich nicht oft selbst überfordert von der Komplexität der Welt, von all dem, worauf ich achten muss, von allem, was ich neu erlernen muss? Das Verlangen nach Einfachheit kann wohl jeder nachvollziehen. Dennoch entspricht dieser Weg nicht demjenigen, den Jesus uns gezeigt hat.

Generell fällt auf, dass die AfD sich selten inhaltlich mit christlichen Themen auseinandersetzt. Stattdessen werden christliche Werte oft genutzt, um Ablehnung, Hass und Widerspruch zu rechtfertigen. Es lohnt sich daher, genauer hinzuschauen oder nachzufragen, wenn es um offensichtliche traditionelle Themen wie Familienwerte, Lebensschutz, Religionsfreiheit oder Kritik am “Gender-Mainstreaming” geht. Nur selten findet man hier eine tatsächliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Thema.

Genauso wichtig ist es, die AfD unter Gesichtspunkten wie Nächstenliebe und Mitgefühl, Toleranz und Vielfalt, Gerechtigkeit und Solidarität sowie Frieden und Konfliktlösung zu betrachten. In vielen dieser grundlegenden Aspekte vernachlässigt die Partei offen christliche Werte und Grundsätze. Leider wird auch in christlichen Kreisen zu selten der Wert hinter den Dingen betrachtet, sobald jemand scheinbar das christliche Familienbild etc. verteidigt.

Hierzu fällt mir immer wieder das Zitat von Thich Nhat Hanh ein: „Verständnis und Liebe sind Werte, die alle Dogmen transzendieren.“ Es beschreibt auch für das Christentum passend, welches die ersten Grundwerte unseres Glaubens sind.

Auch unter Schönstätter*Innen erlebe ich leider all zu häufig Sympathie für die AfD und ihre Positionen. Eben weil sie die einzigen seien, die die Werte noch hochhalten. Und genau das kann ich beim besten Willen nicht verstehen, bei einer Partei, die meiner Meinung nach unseren Grundwerten mit Füßen tritt. So wie Kentenich bereits von Anfang an den Nationalsozialismus klar ablehnte, bedarf es heute ebenfalls einer klaren christlichen Haltung, um demjenigen, was nur Schein ist, ein klares Nein entgegenzusetzen. Hier würde ich die Frage stellen, wo unsere Haltung heute zum Ausdruck kommt.

Mein christlicher Glaube fordert mich heraus, mich tiefer mit diesen Positionen auseinanderzusetzen und sie nicht einfach hinzunehmen. Dabei ist meine Meinung durchaus klar. Der Anschein der AfD mag für viele Christen auf den ersten Blick verlockend erscheinen, doch dieser trügt, wenn man sich genauer damit befasst. Ich wünschte mir, dass es uns als Christ*Innen und Schönstätter*Innen leichter fällt, nicht den einfachen Weg zu wählen.

Alexander Paul, Abteilungsleiter Caritas Pforzheim

Bild: Andrys Strienska auf Pixabay

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