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Editorial basis 07/08.2020

Editorial basis 07/08.2020

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Liebe Leserin, lieber Leser!

jeder von uns kennt diese Zeiten. Da wächst scheinbar alles über den Kopf, es drängt vielleicht ein sehr unbequemer Termin, dessen Ausgang noch ungewiss ist. Oder es sind die äußeren Umstände, die jede Menge unangenehmer Gedanken durch den Kopf schießen lassen. Wer schon einmal eine Flugreise unternommen hat und dabei plötzlich in schwere Turbulenzen geraten ist, weiß, wovon ich spreche. Auf ganz andere Weise aus gewohnten Bahnen geraten ist spätestens seit Beginn dieses Jahres die ganze Welt durch das Coronavirus.

Allen genannten Situationen gemeinsam ist, dass gerade in solchen Zeiten Tipps und Anregungen gefragt sind, wie sich die aktuelle Lage gut meistern lässt und wie es gelingen kann, den Blick wieder für mehr als die aktuelle Bedrohung zu weiten.

Es sind nicht selten die einfachen Dinge, die eine große Wirkung haben. Insbesondere, wenn die Umstände besonders schwierig sind. Sie kennen vielleicht die folgende historische Begebenheit. Winter 1942, am Weihnachtsfest. Weit über 300.000 deutsche Soldaten sind im sogenannten „Kessel von Stalingrad“ eingeschlossen. Praktisch ohne Nachschub und wegen eines Hitler-Befehls ohne Chance auf Rückzug, ist die Lage desolat. Hinzu kommt ein erbarmungsloser Häuserkampf im russischen Winter. Temperaturen unter 25 Grad Minus sind die Regel, teilweise soll das Thermometer auch bis 50 Grad unter null gesunken sein.

Inmitten dieser trostlosen, von Hass, Elend und Leid geprägten Situation zeichnet der evangelische Pastor und Lazarettoberarzt Kurt Reuber mit Holzkohle eine sitzende Frauengestalt, die unter ihrem Mantel ein Kind birgt, auf dem ihr Blick liebevoll ruht. Rund um die Zeichnung, die, vermutlich mangels anderen Materials, auf der Rückseite einer russischen Landkarte entstand, steht in großen Lettern: „1942 Weihnachten im Kessel – Festung Stalingrad – Licht, Leben, Liebe“. In einem Brief an seine Frau erklärte Reuber dazu: „Das Bild ist so: Kind und Mutterkopf zueinander geneigt, von einem großen Tuch umschlossen, Geborgenheit und Umschließung von Mutter und Kind. […] Wenn man unsere Lage bedenkt, in der Dunkelheit, Tod und Hass umgehen – und unsere Sehnsucht nach Licht, Leben, Liebe, die so unendlich groß ist in jedem von uns!“

Es wird berichtet, viele Soldaten seien wie gebannt, sichtbar andächtig und ergriffen davor gestanden, als sie erstmals die Zeichnung erblickten. Die Nachricht von dem besonderen Bild habe sich wie ein Lauffeuer in den Reihen der Deutschen im Kessel herumgesprochen und den Todgeweihten große Kraft und Hoffnung gegeben. Zusammen mit einem Selbstbildnis und etwa 150 weiteren Porträts Reubers nahm ein schwer verwundeter Offizier das Bild mit in eine der letzten deutschen Transportmaschinen, die noch aus dem Kessel herausflogen. Rund 110.000 deutsche Soldaten und ihre Verbündeten kamen in russische Kriegsgefangenschaft, nur etwa 6000 sollten nach Hause zurückkommen.

Seit 1983 ist es in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ausgestellt, zum Gedenken an die Opfer der Schlacht von Stalingrad, der insgesamt 700.000 Menschen zum Opfer fielen, zum größten Teil Soldaten der Roten Armee, und als Mahnung zum Frieden. Auf Anregung von Bundespräsident Karl Carstens hatte Reubers Familie die Stalingradmadonna dorthin übergeben. Der Künstler selbst war dazu nicht mehr in der Lage. Er selbst starb am 20. Januar 1944 in der Gefangenschaft an Fleckentyphus.

Wie in den aktuellen Zeiten Menschen für sich wie für andere Orte, Anlässe und Zeiten der Geborgenheit schaffen, zeigt die aktuelle Ausgabe der basis anhand vielfältiger Beispiele. Eine Familie kommt darin ebenso zu Wort wie Seelsorger, die versuchen, Antworten auf die unterschiedlichen Herausforderungen zu geben. Nicht zuletzt gibt eine Innenarchitektin einen Einblick in ihre Arbeit, die sich ganz praktisch mit dem Thema Geborgenheit auseinandersetzt. Vielleicht ist ja auch die Lektüre der basis für Sie ein festes und hilfreiches Ritual, das Ihnen ein Stück Ruhe und Sicherheit schenkt.

Eine gute Lektüre wünscht Ihnen im Namen der gesamten
basis-Redaktion

Ihr

Markus Hauck

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