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Robert Zollitsch

Heimat ist Zukunft

30.06.2018

Ein zentraler Wert der Menschheit, der über Jahre nahezu verdrängt wurde, erlebt sein Comeback: Heimat. Und dies so sehr, dass bei der Neubildung der Bundesregierung das Innenministerium in Berlin um die Aufgabe und Zuständigkeit „für Bau und Heimat“ erweitert wurde. Auch wenn die Mitarbeiter im Ministerium noch bei der Klärung ihrer Aufgabe stehen und uns wissen lassen: „Wir schaffen hier auf unserer Webseite gerade eine Heimat für den Themenbereich ‚Heimat‘“, so ist damit doch ein Signal gesetzt. Heimat ist zu zentral und ein zu hoher Wert, als dass er den Agitatoren an den Rändern als Kampfbegriff überlassen werden könnte.   

Heimat lebt in unseren Herzen und lässt uns erleben, wo wir zu Hause sind und unsere Wurzeln haben bzw. Wurzeln schlagen dürfen. Sie steht für unsere Sehnsucht nach Menschen und einem Ort, wo wir dazu gehören und wo wir sein dürfen. Als Christen wissen wir, dass wir Pilger in dieser Welt sind und dass unsere eigentliche Heimat nicht in dieser Welt ist. Sie liegt vor uns als Verheißung und wir sind unser Leben lang auf dem Weg zu ihr. Heimat ist Zukunft; sie schaut nicht nur zurück. Sie schaut nach vorne und weist in die Zukunft.

Das bewahrt uns davor, uns, allein auf das Eigene bedacht, an einem Ort festzusetzen und uns abzugrenzen. Heimat heißt alles andere als Abschottung, heißt nicht Bau von Mauern und Zäunen. Heimat gibt Halt und lässt uns über unsere eigene Welt hinausschauen. Sie bedeutet Einladung, heimisch zu werden und an einer gemeinsamen Zukunft zu bauen. Denn nur zusammen sind wir Heimat. Heimat ist der Ort, an dem das „Wir“‘ zum Tragen kommt.

„Heimat ist“, wie Václav Havel zu Recht schreibt, „ein Tor, das den Weg zu anderen öffnet.“ Diese Heimat ist für uns Deutschland und ebenso Europa: Deutschland, das Menschen aufnimmt und ihnen Heimat bietet. Europa – eine gemeinsame Heimat verschiedener Nationen, Völker und Sprachen. Eine Familie, in der die Vielen willkommen sind. So ist ein Ministerium für Heimat, wenn es die Zeichen der Zeit wachsam beobachtet, eine Initiative, die nicht beim Bewahren stehen bleiben darf, sondern Heimat in Zukunft zu bauen hat.

Erzbischof em. Dr. Robert Zollitsch,  Freiburg


Foto: pixabay.com

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