Die Torheit der Heiligen Nacht
24.12.2025
Dass die Botschaft des Gekreuzigten und Auferstandenen – der Kern des christlichen Glaubens – als Torheit erscheinen muss, manchmal auch als ein Ärgernis, ist schon die Erfahrung der ersten Christen und kann bei Paulus nachgelesen werden (vgl. 1 Kor 18 ff.). Aber gut, nun haben wir ja nicht Ostern, und das Kind in der Krippe, um das sich ab heute wieder alles dreht, scheint ja der Öffentlichkeit doch um einiges leichter zugänglich: Aus Weihnachtsmarktlautsprechern besungen und mitunter sogar zwischen Glühwein- und Bratwurstduft als Krippendarstellung noch zu finden, wird es im Gedränge zwar nicht unbedingt wahrgenommen, aber es stört sich auch kaum jemand daran. Die Botschaft vom lieblichen Kindlein mit lockigem Haar, so herzerwärmend und anrührend, muss auch gar nicht stören: Sie ist genau richtig für die ‚Stimmung‘, die an den Festtagen so besonders wichtig zu sein scheint und doch so selten tatsächlich einkehrt.
Am vor 1700 Jahren stattgefundenen Konzil von Nizäa, an das Christen in der ganzen Welt in diesem Jahr erinnert haben, und das mit Grund war für die erste Reise von Papst Leo XIV. in die Türkei an diesen Ort, ging es fernab von jeglicher Weihnachtsstimmung aber mal so richtig zur Sache: Gestritten und gerungen wurde um die Frage, wer dieser Jesus war und wie der überlieferte Glaube, dass durch ihn, mit ihm und in ihm Gott selbst in die Zeit und Geschichte eintritt, zu verstehen sei. Dabei blieb es auch mit den nachfolgenden Konzilien beim Bekenntnis, dass Jesus „gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater“ ist.
Aber mal ehrlich: Wie abgefahren ist das denn bitte? Ein Gott, der sich hineingibt als verletzlicher Mensch, der ganz ‚normal‘ als Kind aufwächst in einer Familie und sich mit allen Widersprüchen und Zwielichtigkeiten unseres Lebens konfrontiert, dem dann zunehmend alles nur denkbare Schlamassel widerfährt und zum Verhängnis wird? Also so ganz in echt. Gott?
Kann man sich sowas ausdenken? Ja! Doch dann bleibt es bei dem, was Paulus in diesem Sinne auch von seiner Erfahrung mit der Botschaft des Auferstandenen berichtet: Eine verrückte Idee, eine Torheit oder ein Ärgernis. Etwas, was man als aufgeklärter Mensch vernünftigerweise nicht glauben kann – oder will. Als eine schöne Idee ganz wohltuend, als eine wärmende Geschichte, gerade richtig für die Festtagsstimmung. Aber bitte nicht stören.
Noch einmal: Kann man sich sowas ausdenken? Ich glaube: Nein! Es ist un-denk-bar im wahrsten Sinne des Wortes. Es übersteigt all unsere Vorstellungskraft und ist doch die letztlich allem zu Grunde liegende Realität. Gott, der selbst die absolute Liebe ist, bleibt diesem Prinzip treu und kommt aus eben dieser Liebe in unsere Welt hinein. Erlöst sie damit aus aller Angst, Hoffnungslosigkeit, Dunkelheit und Endlichkeit, denn er selbst bleibt als Kind in der Krippe ja Alpha und Omega, bleibt Urgrund allen Seins.
Ein befreundeter und mir wichtig gewordener Lehrer sagte einmal: „Der christliche Glaube ist wahr – oder verrückt.“ Es ist die Torheit der Heiligen Nacht.
Ansgar Hoffmann
Leiter des Seelsorgeamtes, Bistum Görlitz
Bild: A. Hoffmann









