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Michael Maas

#Allesdichtmachen.

05.05.2021

Mit diesem Hashtag haben 50 Schauspieler und Künstler in satirischer Weise in einem Video die Maßnahmen zur Eindämmung gegen das Corona-Virus kritisiert. Dass sie damit selbst wiederum Kritik provozieren würden, war ihnen schon im Vorfeld klar. Wer sich die Statements anschaut, kann das gut erkennen.

Angriffsfläche war ja nun auch wirklich genug geboten. Zumindest einige dieser Videos konnte man all jenen gegenüber durchaus als Hohn empfinden, die schwer an COVID 19 erkrankt oder sogar verstorben sind; dann aber auch für ihre Angehörige und für all jene, die in den Krankenhäusern seit Monaten unter Stress stehen, um für das Leben der Menschen zu kämpfen.

#Allemalneschichtmachen war dann auch schnell als Slogan dagegen gesetzt und originell dazu. Wer, wie die Schauspieler, allzu sehr auf die eigenen Belange – nämlich die Theater usw. wieder zu öffnen – fixiert scheint, braucht doch offensichtlich eine Weitung des Horizonts. Doch dieser Hashtag entpuppte sich seinerseits nur als Luftblase. Das Angebot von einem der Schauspieler, in einem Klinikum bei einer Schicht mitzugehen, wurde unter dem Argument, dass man keine billige Publicity machen wolle, abgelehnt.
Was zeigt all das?

Zum einen, dass diese Corona-Zeit uns immer schneller in den Zustand der Erregung versetzt. Ein Grund könnte darin liegen, dass wir fast nur noch in unserer eigenen Blase unterwegs sind. Wir treffen viel weniger Leute und dann vor allem solche, mit denen wir ohnehin einer Meinung sind. Gegenseitig bestärken wir uns dann in der Annahme, dass wir mit unserer Ansicht doch nun wirklich im Recht sind. Dazu kommt noch die lange Zeit der Entbehrungen, die an uns allen nagen. Das führt zu einer zunehmenden Gereiztheit, die ich an mir und anderen feststellen kann.

Konflikte lassen sich nicht mehr so austragen, wie wir das vorher gewohnt waren und eskalieren dadurch leichter. Kaum eine gesellschaftliche Gruppe scheint davon ausgenommen.

Als Christen stehen wir in der Verantwortung, dort wo wir leben, für die Einheit einzutreten. Es ist nur eines von zwei Gebetsanliegen, die Jesus ausdrücklich formuliert. In seinen Abschlussreden richtet er dieses Anliegen an seine Jünger. Es ist sein Vermächtnis: das Miteinander, die Einheit zu wahren. Dazu gehört, die andere Meinung zu respektieren, in einem sachlichen Streit nicht persönlich zu werden und versuchen zu verstehen, wie jemand zu einer anderen Ansicht kommen kann.

Damit sind wir bei dem, was die Schauspieler zu ihrem Video motiviert hat und was es wirklich lohnt, zu betrachten. So wichtig es ist, das Leid derer zu sehen, die unter der nun nicht mehr ganz so neuen Krankheit auf vielfältige Weise zu leiden haben: das ist nicht der einzig legitime Blickwinkel. Es gibt zahlreiche andere Sorgen, die der lange Lockdown hervorgerufen hat. Eltern, die erschöpft sind; Kinder und Jugendliche, die in ihrem Freiheitsdrang beschränkt werden; Menschen, die um ihren Arbeitsplatz bangen; und auch solche, die ihre Arbeit zwar sicher haben, aber seit einem Jahr nicht mehr ausüben können.

Für die Anliegen all dieser Personen gibt es gewiss ein Bemühen der Politik. Und doch beschleicht nicht nur die Schauspieler die Ahnung, dass momentan nicht genug getan wird, um neben dem Impfen auch durch Testen (sichere) Öffnungen zu wagen und Perspektiven für all jene zu schaffen, die unter den Einschränkungen zu leiden haben. Wenn das Video einen Anstoß geben kann, das auch in den Blick zu nehmen, dann war es schon sehr produktiv. Denn auch das wird durch die Aktion deutlich: als Menschen leben wir vom Miteinander, von der Kultur, von Gemeinschaft und Begegnung. Es muss alles getan werden, das zu ermöglich.

Direktor Michael Maas
Leiter des Zentrums für Berufungspastoral, Freiburg


                                            Foto: pixabay.com

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