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Michael Maas

Abstauben für die Seele

13.03.2019

Das Anliegen ist gut. Es geht darum, dafür zu sorgen, dass die Qualität der Luft verbessert wird und damit beizutragen, dass wir alle besser leben können.

Die Vorgehensweise ist allerdings umstritten. Dass es dafür Grenzwerte für unterschiedliche Schadstoffe in der Luft braucht, dürfte einleuchten. Aber wie kommen diese zustande? Wer legt sie fest? Welche Konsequenzen sind aus überschrittenen Grenzwerten zu ziehen? Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen.

Ein Wort elektrisiert dabei wie kaum ein anderes: Feinstaub. Denn die Belastung mit diesen kleinen Staubpartikelchen ist in etlichen deutschen Großstädten zu hoch. Jedenfalls, wenn man den EU-Grenzwert als Norm nimmt. Das wiederum hat zur Folge, dass es dort für zahlreiche Dieselfahrzeuge bereits Fahrverbote gibt und weitere Verbote drohen. Eine ganze Technologie – und damit Arbeitsplätze – steht auf der Anklagebank. Betroffen sind vor allem diejenigen, die sich im Vertrauen auf eine vermeintlich umweltfreundliche Technik ein solches Auto gekauft haben.

Dass wir alles dazu tun sollten, um die Luft sauber zu halten, ist unbestritten. Fraglich bleibt für mich, weshalb man den Fokus so stark auf die Dieselfahrzeuge richtet, die ja nur zu einem Teil zu dieser Luftverschmutzung beitragen. Und weshalb der Grenzwert in der freien Natur niedriger angesetzt wird als in den Wohnungen, verstehe ich nicht.

Zugleich finde ich es faszinierend, dass so kleine Staubteilchen unsere Gesellschaft so in Atem halten können, dass sie eine solch große Wirkung haben.

Das lenkt meinen Blick in einer doppelten Weise auf die Fastenzeit, die Vorbereitungszeit auf Ostern. Die Art und Weise, wie diese Zeit gestaltet wird, kann ganz unterschiedlich sein. Die einen verzichten ganz bewusst auf Dinge, die ihnen im Alltag lieb sind. Andere nehmen sich mehr Zeit für das Gebet. Wieder andere wollen sich ganz bewusst für etwas engagieren.

Eine weitere Möglichkeit ist es, vor dem Osterfest im Sakrament der Versöhnung sein eigenes Leben vor Gott zu halten und um Vergebung der Schuld zu bitten.  Das ist so etwas wie abstauben für die Seele. Denn auch wenn es nur Kleinigkeiten sind – wie der Feinstaub in der Luft – dann legt sich doch manche schlechte Angewohnheit über unser Verhalten im Alltag und hat auch bei uns mit der Zeit deutlich spürbare Auswirkungen.

Ein Wort aus der Liturgie des Aschermittwochs kommt mir darüber hinaus noch in den Sinn: „Bedenke Mensch, dass Du Staub bist und zum Staub zurückkehren wirst.“ Während dieser Satz gesprochen wird, bekommen die Gläubigen das Aschekreuz auf die Stirn gezeichnet. Man könnte ihn fatalistisch fehlinterpretieren. Dahingehend, dass das eigene Leben letztlich unbedeutend ist.

Es würde den Kern des Christentums nicht treffen. Der Ausspruch will uns vielmehr vor Augen führen, dass sich im Leben nicht alles um mich zu drehen hat. Wir haben unser Leben nicht von uns selbst kommt, es ist letztlich verdankt; zugleich führt es uns unsere Endlichkeit vor Augen. So hart der Ausspruch zunächst klingen mag, es führt uns zur Realität unseres Lebens und kann uns helfen von einem selbstbezogenen Leben zu lassen. Zugleich wird deutlich: ein „staubfreies“ Leben kann es nicht geben. So sehr wir uns auch mühen: wir müssen mit unseren Begrenzungen zurechtkommen.

Die Fastenzeit kann uns daran erinnern und uns vielleicht auch in der verbissenen Diskussion um den Feinstaub auf unseren Straßen sowohl zu mehr Gelassenheit verhelfen, wie auch zur Gewissheit, dass wir immer neu der Umkehr bedürfen und uns bei aller eigener Begrenztheit trotzdem darum mühen sollen, in rechter Weise zu handeln.

Direktor Michael Maas
Leiter des Zentrums für Berufungspastoral, Freiburg


                                            Foto: © pixabay.com

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