Susi Mitter
Vom Kamel und dem Nadelöhr
… und was das mit dem Advent zu tun hat
27.11.2024
Vor einigen Wochen hörten wir in der Sonntagsmesse das Evangelium, in dem es heißt: „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ (Mt 10,25)
Das war ehrlicherweise immer ein Bild, mit dem ich nicht so viel anfangen konnte. Das hat sich an jenem Sonntag geändert.
Unser Kaplan hat zuerst in der Predigt erklärt, woher das Bild kommt: dass die großen Tore der Stadtmauer Jerusalems in der Nacht geschlossen wurden, damit keine bewaffneten Reiter hinein konnten. Es blieb aber ein kleines Tor offen, wo gerade ein Mensch durchgehen konnte, um in der Nacht nicht draußen bleiben zu müssen, denn das war durchaus gefährlich.
Die Heilige Messe war für die Erstkommunionkinder gestaltet und so hat dann der Leiter der Gruppe, Paul, der ein unglaubliches Talent besitzt, Kindern etwas von Gott zu vermitteln, die Szene mit der Pfarrgemeinde nachgestellt: Acht Erwachsene (ich war auch darunter) haben die Mauer gebildet, zwei Erstkommunionkinder haben in der Mauer das kleine Tor gestellt, indem sie ihre Hände wie eine Brücke über dem Kopf zusammenhielten. Paul hat dann das Kamel gespielt, das schwer beladen war. Dazu hat er in die linke Hand einen Sessel genommen, in die rechte ein größeres Kind und so ging er auf das kleine Tor zu. Natürlich passte er nicht hindurch. Er musste zuerst den Sessel abladen, dann diesen durch das Tor schieben, dann das andere Kind abladen und durch das Tor bitten und dann konnte er auf allen Vieren (so wie das offenbar auch die Kamele gemacht haben) durch das Tor gehen und war in Sicherheit.
Dann erzählte Paul, dass seine Frau letzte Nacht nicht gut schlafen konnte. Der Grund war, dass sie am Abend noch mehrere Gespräche hatte, viele Sorgen und Streitigkeiten erzählt bekommen hatte und dann mit dieser Last schlafen ging. Er fragte die Erstkommunionkinder: „Was hätte sie denn tun können, damit sie durch das Tor zum Schlaf durchgekommen wäre?“ Ein Kind sagte sofort: „Sie hätte das alles vorher abladen sollen und dem lieben Gott durch das Schlaftor hinüberschieben können. Dann hätte sie selbst auch durch das Tor gepasst und gut geschlafen.“ Wow, dachte ich – was für ein schönes Bild!
Das ist bei mir tief in der Seele aufgetroffen. Wie oft fühle ich mich selbst manchmal auch wie so ein überladenes Kamel. Ich nehme an, vielen Lesern geht es genauso. Bilder helfen manchmal wunderbar, um das zu spüren und daraus handlungsfähig werden zu können.
Vielleicht ein guter Vorsatz für den Advent, der ja eine besinnliche Zeit sein soll, oft aber von Hektik und allem, was noch zu tun ist, geprägt wird: Sich die letzte Stunde vor dem Schlafengehen mit nichts mehr belasten, nicht mehr aufs Handy schauen und in dieser Zeit dem lieben Gott die Lasten des Tages übergeben. In der Abendweihe des Gebetbuchs „Himmelwärts“ lädt uns Pater Kentenich gleich zu Beginn genau dazu ein: „Nach des Tages Müh´und Last suchen wir, o Vater, Rast nun bei dir, der uns geführt und als Werkzeug hat erkürt.“ Ich bete dieses Gebet vor dem Einschlafen sehr gerne und habe nun ausprobiert mir nach diesem Vers wirklich Zeit zu nehmen alles abzulegen, um dann gut in den Schlaf zu finden und den vergangenen Tag unter den Segen Gottes zu stellen. Und ich kann sagen: Es wirkt!
Susi Mitter, Schönstattbewegung Österreich
Foto von Mikael Thunberg auf Pixabay