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Editorial basis 10.2018

Editorial basis 10.2018

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Liebe Leserin, lieber Leser!

Jede Kultur bringt ihre Helden hervor. Diese Helden verkörpern das, was in dieser Kultur wichtig ist. Sie sind Leitfiguren dafür, was in einer Kultur bewundert und unbedingt gebraucht wird.
In politisch ambitionierten Systemen werden staatstragende Persönlichkeiten der Bevölkerung als große Führer und treusorgende Landesväter, seltener Landesmütter, angepriesen. Sportgrößen, Schauspielerinnen und Schauspieler stellen sich als Werbeträger zur Verfügung.
In den Religionen sind es vor allem die Gründergestalten, aber auch exponierte Träger des Glaubens, die als Helden verehrt werden. Im Christentum, besonders im Katholizismus und der Orthodoxie, sind es die Heiligen, die allgegenwärtig sind und um Hilfe angerufen werden. Man spricht offiziell von dem „heroischen Tugendgrad“ eines Heiligen und seinen besonderen Verdiensten für die Kirche. Ein Standardwerk über die Heiligen trägt darum auch den Titel „Helden und Heilige“.
Entgegen einer Heroisierung von Kraft und Stärke wird ein ethisches Heldentum gepriesen, wie es etwa der oft zitierte Spruch des Theologen und Kulturphilosophen Johann Gottfried von Herder (1744-1803) zeigt:

„Tapfer ist der Löwensieger, tapfer ist der Weltbezwinger, tapf‘rer, wer sich selbst bezwang.“

In diesem Monat, am 4. Oktober wird eines jungen Mannes gedacht, der vor 100 Jahren in den letzten Tages des Ersten Weltkrieges in Nordfrankreich bei Cambrai als Soldat starb: Josef Engling. Auf ihn trifft in besonderer Weise das zu, was der Herdersche Spruch meint: Mitten in den Wirren und brutalen Verhältnissen eines Krieges und einer Schlacht mit Material und Menschen – man rechnet mit 9,7 Millionen Toten unter den Soldaten und rund zehn Millionen Toten unter den Zivilisten – wird Engling zum Helden einer ganz besonderen Art. Engling hatte während seines zweijährigen Soldatendienstes nie auf einen Menschen geschossen. Als er am 4. Oktober 1918 für seine Kameraden Verpflegung besorgt, wozu er sich immer wieder zur Verfügung stellte, trifft ihn eine Granate.
Hinter diesem letzten, selbstlosen Gang verbirgt sich jedoch eine ganze Welt von Werten und Überzeugungen. Engling gehörte zur der Gründergeneration der Schönstatt-Bewegung, die nach der Gründung 1914 zu einem großen Teil in den Krieg abkommandiert wurde. Das Unabwendbare nutzte Engling dazu, „tapf’rer“ zu sein, indem er sich selbst bezwang – mitten in einer Welt, in der es um das nackte Überleben ging.
Das Gedenken an ihn ist für die basis Anlass, über „Helden … und solche, die ganz anders sind“ gründlicher nachzudenken. 

Welche Heldenvorstellungen gab es im Laufe der Geschichte? Welche Helden werden heute auf den Schild gehoben?  Welche Bedeutung haben Helden als Leitbilder einer Kultur? 

Der weit vorangeschrittene Prozess für die Seligsprechung Josef Englings gibt zu denken. Im Blick auf das Leben und Sterben Englings können wir sagen: Ja, wir brauchen Helden – aber solche, die anders sind, anders als Herkules und andere mythologische Gestalten, anders als Spiderman oder gewisse Politstrategen auf unserer heutigen Weltbühne.
Ich wünsche Ihnen im Namen des ganzen Redaktionsteams einen hilfreiche Lektüre dieser basis und die Ahnung, dass in jedem von uns eine kleine Heldin und ein kleiner Held steckt – aber eine bzw. einer von der etwas anderen Sorte!

Ihr

Hubertus Brantzen

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