Was heißt bitte Erziehung zur Freiheit? –
Über Prioritäten der Salesianer bei ihrer Arbeit mit den Friedhofskindern in Monrovia
von Lothar Wagner
In meinem bisherigen 25-jährigen Ordensleben und meiner Tätigkeit als Sozialarbeiter in Afrika stockte mir schon einige Male der Atem aufgrund von lebensbedrohlichen Situationen, in denen junge Menschen sich befanden. Aber das, was ich auf dem Zentralfriedhof in Monrovia, der Hauptstadt des westafrikanischen Lands Liberia, sehen muss, schlägt dem Fass den Boden aus: obdachlose Kinder schlagen mit Hämmern eine Öffnung in steinerne Grablegen, um sich dort häuslich einzurichten. Kinder legen sich zu den Toten. Ein Skandal sondergleichen! Die Kinder finden nur noch Platz bei den Toten. Erwachsene verwehren den Minderjährigen den Platz in der Gesellschaft.
Was bewegt ein Kind, sich das anzutun? In den Gesprächen mit den Herumtreibern gibt es eine klare, unmissverständliche Antwort: „Wenn Du eingeengt, unterdrückt und verzweifelt bist, dann brichst Du aus und sucht deinen Weg in die Freiheit“.
Einfach da sein und beistehen
Diesen Weg in die Freiheit wollen die Streetworker der Salesianer Don Boscos mitgehen. Und das heißt für uns zunächst eben nicht, das Kind wieder einzuengen, zu unterdrücken und letztlich wieder zur Verzweiflung zu bringen. Vielmehr gilt es, das Kind zu akzeptieren, so wie es ist. Voll und ganz. Und so wie der Name Gottes Jahwe Programm ist, so ist es für uns Auftrag: Ich bin der ich bin da. Einfach da sein, beistehen.
Für Don Bosco (1815-1888) war die Assistenz der Schlüsselbegriff seiner Pädagogik. Und sicherlich der Erfolg seines heilenden Tuns. Einen gut gefüllten Teller mit leckerem Essen und „ein gutes Wort ins Ohr“ (Don Bosco) sind heilsam. Krankheiten und Verletzungen gehören zum Alltag. Auch hier helfen die Salesianer beim Heilen der Wunden, und nicht nur der physischen, sondern auch der psychischen.
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Foto: © Lothar Wagner