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Michael Maas

Kredit-würdig?

22.03.2023

Das kam plötzlich. Von heute auf morgen war zu hören, dass die Credit Suisse, eine der größten Banken weltweit, einen Liquiditätsengpass habe. Der Aktienkurs der Bank brach ein. Und die Frage stand im Raum, wie es mit den Banken in Europa insgesamt weitergehen würde.

Doch so schnell, wie die Sorgen um die Bank aufkeimten, so schnell kam schon eine Lösung um die Ecke. Die Schweizer Regierung hatte dafür gesorgt und günstige Bedingungen vorgeschrieben. Schon vier Tage nach dem Bekanntwerden der Problematik wurde mitgeteilt, dass mit der UBS die andere schweizerische Großbank die Credit Suisse aufkaufen würde. Für den Schnäppchenpreis von drei Milliarden Schweizer Franken.

Genauso eilig hatten es deutsche Politiker bis hin zu Bundeskanzler Scholz, zu erklären, dass unsere Banken, und damit unser Erspartes, gesichert seien. Denn, das ist klar: Verunsicherung darf es in diesem sensiblen Bereich nicht geben. Nicht umsonst hat der Name der angeschlagenen und nun aufgelösten Bank einen Anklang an das lateinische Wort „credere“, „glauben“. Wer Kredite vergibt, der braucht den Glauben, dass das Geld zur rechten Zeit zur Verfügung steht. Anders geht es nicht.

Wie es nun tatsächlich aussieht im Finanzsektor? Das kann ich mit meiner bescheidenen Vorbildung nicht einschätzen. Ob mich das eher verunsichern sollte, wenn ein Land so massiv eingreift und unser Kanzler so geschwind erklärt, dass das bei uns gar nicht passieren kann? Oder ob das ein gutes Zeichen ist, dass so zielstrebig gehandelt wird? Keine Ahnung.

Was ich allerdings weiß: auch wir leben in der Kirche davon, dass man uns glaubt. Denn auch wenn wir das Wort „credere“ nicht im Namen tragen, es gehört zu dem, was uns im Innersten ausmacht. Und das bereitet mir tatsächlich Sorgen: denn der christliche Glaube ist in unserer Zeit sehr angefochten. Viele Menschen haben ein materialistisches und rein naturwissenschaftliches Weltbild, in dem es wenig Platz für Religiöses gibt.

Jetzt müsste man erwarten, dass daraufhin alle Anstrengungen getroffen werden, um aufzuzeigen, dass die christliche Botschaft glaubwürdig ist. Vergleichbar zu dem Kraftakt, wie es in der Schweiz die Regierung für die Banken getan hat.

Stattdessen teile ich eher die Einschätzung eines älteren Herren, dem ich in der Pfarrei begegnet bin. Zunächst hatte ich ihn recht skurril am Telefon. „Gibt es denn in der Kirche auch einen Platz für jemanden, der nicht an Gott glaubt?“ So war seine Einstiegsfrage. Meine Antwort: „Ich glaube, dass derjenige, der sucht, tatsächlich neben dem Glauben immer auch Zweifel hat – und umgekehrt.“ So war es dann auch: er war vor etlichen Jahrzehnten aus der Kirche ausgetreten. Blieb aber auf der Suche nach dem Sinn seines Lebens und nach Gott. Las theologische Literatur usw.

Nun saß er mir gegenüber und beschwerte sich: „In der Kirche wird dauernd über Nebensächliches diskutiert. Das ist bestimmt auch wichtig. Aber letztlich ist es mir egal, ob der Priester am Altar verheiratet ist oder nicht. Das sind doch vorletzte Fragen. Ich will eine Antwort darauf bekommen, ob es Gott gibt. Ich kann nicht wahrnehmen, dass das die Verantwortlichen in der Kirche beschäftigt.“

Natürlich weiß ich aus meiner Zeit als Bischofssekretär darum, dass man es schwer hatte, in der Öffentlichkeit mit religiösen Themen zitiert zu werden. Wer allerdings beim Synodalen Weg diese Themen selbst nicht besprochen haben wollte (und damit als nicht entscheidend eingestuft hat, auch wenn Papst Franziskus in seinem Brief an das gläubige Volk in Deutschland genau das anmahnte), der muss sich nicht wundern, wenn er von außen mit den Augen dieses Mannes betrachtet wird.

Meine Frage wäre daher: was tun wir als Kirche, um den in Frage gestellten Glauben an den dreifaltigen Gott, an die Auferstehung der Toten und das Wirken Gottes in der Welt zu bezeugen? Die Beantwortung dieser Fragen fordert mich persönlich heraus. Sie muss aber auch von den Bischöfen gegeben werden und höchste Priorität haben. Sie betrifft den Kern unserer Daseinsberechtigung und braucht unsere größte Anstrengung. Wenn wir uns nicht daran wagen, können wir uns in allen anderen Bereichen anstrengen wie wir wollen: Dann braucht es uns nicht. Denn dann sind wir möglicherweise eine nette Organisation. Allerdings auch entbehrlich. Nett sein, können nämlich andere auch.

Michael Maas, Staufen


                                       Foto: Foto von regularguy.eth auf Unsplash

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