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Der Weg der ökologischen Umkehr

Der Weg der ökologischen Umkehr

Laudato si und die Folgen für den Alltag weltweit

von Michael Rosenberger

Mit seiner Enzyklika Laudato si hat Papst Franziskus 2015 einen großen Wurf gelandet. Weit über die Grenzen der Kirche(n) hinaus fand sein Impuls Beachtung und Zustimmung. Er hat viele Menschen in einem Maß berührt und ermutigt, wie dies eine Enzyklika selten erreicht. Dennoch: Innerkirchlich hat sich relativ wenig verändert. Einzelne Bistümer haben entschlossene, mutige Programme zur Ökologisierung begonnen, aber in der Breite sieht man wenig Bewegung. Das gilt auch für das alltägliche Leben der Glaubenden, auf das ich mich hier konzentrieren werde. Was also könnten und sollten die Folgen der Enzyklika für unseren persönlichen Alltag sein?

Zunächst einmal ist es wichtig wahrzunehmen, dass Papst Franziskus die Ursachen der Umweltkrise im geistigen Bereich verortet: in der Haltung der modernen Konsumgesellschaft. Ein Lebensstil, der auf immer mehr materiellem Konsum aufbaut, muss die Möglichkeiten der Erde zwangsläufig überfordern. „Der Rhythmus des Konsums, der Verschwendung und der Veränderung der Umwelt hat die Kapazität des Planeten derart überschritten, dass der gegenwärtige Lebensstil, da er unhaltbar ist, nur in Katastrophen enden kann.“ (LS 161) Genau besehen resultiert dieser materialistische Lebensstil jedoch aus einer tiefen inneren Leere: „Während das Herz des Menschen immer leerer wird, braucht er immer nötiger Dinge, die er kaufen, besitzen und konsumieren kann. In diesem Kontext scheint es unmöglich, dass irgendjemand akzeptiert, dass die Wirklichkeit ihm Grenzen setzt. Ebenso wenig existiert in diesem Gesichtskreis ein wirkliches Gemeinwohl.“ (LS 204)

Ein Aufruf zu tiefgreifender innerer Umkehr an alle

Der Papst stellt die nötigen Veränderungen unter zwei Begriffe. Eher soziologisch sagt er: „Was gerade vor sich geht, stellt uns vor die Dringlichkeit, in einer mutigen kulturellen Revolution voranzuschreiten.“ (LS 114) Damit stellt er die notwendige Transformation in den Kontext der neolithischen Revolution der Steinzeit (vom nomadischen Sammeln und Jagen zum sesshaften Ackerbau) und der industriellen Revolution des 18. Jahrhunderts (von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft). Die ökologische Revolution ist der dritte der großen menschheitlichen Umbrüche. Neben diese soziologische Analyse stellt Franziskus die theologische: So „ist die Umweltkrise ein Aufruf zu einer tiefgreifenden inneren Umkehr.“ (LS 217) Der Papst verwendet hier ganz bewusst eines der zentralen Worte der Verkündigung Jesu: Kehrt um! Eine solche Umkehr ist alles andere als trivial. Sie meint ein Umdenken, eine komplette Neuorientierung. Sie „setzt verschiedene Grundeinstellungen voraus, die sich miteinander verbinden, um ein großherziges und von Zärtlichkeit erfülltes Umweltengagement in Gang zu bringen.“ (LS 220)

Michael Rosenberger

Michael Rosenberger

Professor, ist Priester des Bistums Würzburg und leitet das Institut für Moraltheologie an der KTU Linz. Seit 2008 ist er außerdem Mitherausgeber der Linzer „WiEGe-Reihe“ mit Beiträgen zu Wirtschaft, Ethik und Gesellschaft.

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