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Die Hoffnung trügt nicht

Die Hoffnung trügt nicht

Predigt bei der Gedächtnisfeier für Papst Franziskus, am Montag, 28. April 2025 in Schönstatt

von Bernd Biberger

„Liebe Brüder und Schwestern, im Pascha des Herrn standen sich Tod und Leben in einem unbegreiflichen Zweikampf gegenüber, doch der Herr lebt nun für immer […] und schenkt uns die Gewissheit, dass auch wir berufen sind, an dem Leben teilzuhaben, das kein Ende kennt und in dem das Getöse der Waffen und das Echo des Todes verstummen. Vertrauen wir uns dem an, der allein alles neu machen kann […]! Ich wünsche allen ein frohes Osterfest!“ 

Mit diesen Worten, liebe Schönstattfamilie, endet die Osterbotschaft, die Papst Franziskus am vergangenen Ostersonntag hat verlesen lassen, bevor er dann mit schwacher Stimme selbst noch einmal den Segen Urbi et Orbi spendete. Es sind die letzten Worte von Papst Franziskus an die ihm als Hirte anvertraute Kirche, durch die er uns daran erinnert, dass wir alle als Getaufte berufen sind, am Leben, das kein Ende kennt, teilzuhaben – das Leben, das Christus uns in der Auferstehung geschenkt hat. Nicht einmal einen Tag später hat sich diese Berufung an Papst Franziskus selbst vollendet. Es ist ein besonderes Zeichen der göttlichen Vorsehung, dass Papst Franziskus in den Morgenstunden des Ostermontags ins ewige Vaterhaus heimgegangen ist.

Jesu Auferstehung als Fundament

Das Evangelium des Ostermontags erzählt uns von der Begegnung der Jünger auf dem Weg nach Emmaus mit dem Auferstandenen. Es ist eine Begegnung, in der sich Traurigkeit in Freude, Hoffnungslosigkeit in Hoffnung, Verzweiflung in neuen Mut verwandelt. Die Jünger dürfen erkennen, dass ihre Sehnsucht nach dem Messias nicht vergeblich war, sondern sich erfüllt hat, wenn auch in ganz anderer Weise, als sie es sich vorgestellt hatten. Immer wieder hat Papst Franziskus uns daran erinnert, dass die christliche Hoffnung einen Namen hat: Jesus Christus. Ganz besonders im Rahmen des von ihm selbst eröffneten Heiligen Jahres regt er uns an, dieser Hoffnung zu vertrauen und sie mit den Menschen zu teilen, denen wir begegnen. Noch in der Ansprache am Ostersonntag ruft uns Papst Franziskus zu: „Ja, die Auferstehung Jesu ist das Fundament der Hoffnung: Von diesem Ereignis an ist die Hoffnung keine Illusion mehr. Nein. Dank dem gekreuzigten und auferstandenen Christus trügt die Hoffnung nicht! Spes non confundit!“ Ostern ist das Fest der Hoffnung, Ostern ist die Grundlage unserer Hoffnung, Ostern schenkt der Welt die Hoffnung. Warum das so ist, führt Papst Franziskus selber aus: „Die Liebe hat den Hass besiegt. […] Das Böse ist nicht aus unserer Geschichte verschwunden, es wird bis zum Ende bleiben, aber es hat nicht mehr die Vorherrschaft, es hat keine Macht mehr über diejenigen, die das Gnadengeschenk dieses Tages annehmen.“ Es ist Papst Franziskus wichtig, deutlich zu machen, dass es in der christlichen Hoffnung nicht darum geht, zu vertrösten, sondern christliche Hoffnung fordert dazu heraus, tätig zu werden, angesichts von Missständen nicht den Mut zu verlieren und die Welt zu verändern: „Und diese Hoffnung ist kein Ausweichmanöver, sie ist herausfordernd; sie holt uns nicht aus der Wirklichkeit, sondern befähigt zur Verantwortung.“ 

Betrachtet man das Pontifikat von Papst Franziskus und lässt die vielen symbolischen Zeichen auf sich wirken, dann kann man sich nicht des Eindrucks verwehren: In dieser Ansprache zum diesjährigen österlichen Segen Urbi et Orbi setzt die göttliche Vorsehung ihr Siegel auf das Wirken von Papst Franziskus. Seine Worte werden zum bleibenden Vermächtnis und zum Auftrag an uns. Von daher ist es ein weiteres sprechendes Zeichen, dass Papst Franziskus während des Heiligen Jahres heimgerufen worden ist. „Pilger der Hoffnung“ steht als Motto über diesem Jahr – ein Wort, das Papst Franziskus selbst in der Verkündigungsbulle des Heiligen Jahres gebraucht hat. „Pilger der Hoffnung“ – dies zu sein, dazu ermutigte uns Papst Franziskus in diesem Heiligen Jahr. „Pilger der Hoffnung“ – das wollte er selbst sein, sein ganzes Pontifikat hindurch.

Blitzlichter auf ein Leben

Wenn ein Mensch stirbt, zumal ein Papst, dann ist es normal, dass man auf das Leben des Verstorbenen zurückschaut und sein Wirken betrachtet. […]Welche Momente wichtig erscheinen, hängt nicht zuletzt mit den eigenen Hoffnungen und Erwartungen, die sich mit der Person verbinden, zusammen. Von daher ist jeder Rückblick individuell gefärbt. In diesem Sinn möchte ich einige Blitzlichter nennen:

Ein erstes Blitzlicht ist der erste Besuch, den Papst Franziskus gemacht hat: sein Besuch auf Lampedusa bei den Flüchtlingen, die dort untergebracht waren. Gleich am Beginn seines Pontifikats setzte Papst Franziskus dieses Ausrufezeichen, um auf die Not der Flüchtlinge weltweit hinzuweisen. Er wurde nie müde, auf die Armen, Ausgegrenzten, die an den Rand Gedrängten hinzuweisen, dazu aufzurufen, sich ihrer Sorgen und Nöte anzunehmen, und zur Mitmenschlichkeit zu ermahnen, ob in seinen Enzykliken wie Laudato si oder Fratelli tutti, in denen er unterschiedliche Menschheitsprobleme ansprach, in seinen Ansprachen zum Segen Urbi et Orbi, wenn er zum Frieden aufrief, oder in der Bulle zur Ankündigung des Heiligen Jahres, als er die Armen und Benachteiligten ausdrücklich als Gruppen nannte, denen wir die Hoffnung bringen sollten. Dabei hatte Papst Franziskus nicht nur die im Blick, die ökonomisch in Not waren oder die unter Krieg und Terror litten, sondern er suchte auch für die, deren Leben in Spannung zu den Idealen der Kirche steht, pastorale Wege, um ihnen die Liebe Christi erfahrbar zu machen.

In diesem Sinn war es Papst Franziskus ein Anliegen, dass jeder von uns der Barmherzigkeit Gottes bedarf. Deshalb lud er uns 2016 zu einem Außerordentlichen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit ein. […]Papst Franziskus ermutigte uns, auf die Barmherzigkeit Gottes zu vertrauen, aber auch miteinander barmherzig zu sein.

Ein weiteres Blitzlicht ist der Segen Urbi et Orbi, den Papst Franziskus während der Corona-Pandemie gespendet hat. Es ist ein eindrückliches Bild, wie Papst Franziskus allein zur Altarinsel auf dem Petersplatz schreitet, von dort aus seine Botschaft verkündet und dann die Stadt und den ganzen Erdkreis segnet. Dies wurde zum besonderen Glaubenszeugnis in einer Zeit, die unter den Einschränkungen des Lockdowns leidet, von der Not, der Krankheit hilflos ausgeliefert zu sein, gepeinigt ist und fieberhaft nach einem Impfstoff sucht, um endlich wieder zu einem normalen Alltag zurückkehren zu können. Mir kommt dabei die Heilung eines Gelähmten durch Petrus im Vorhof des Tempels von Jerusalem in den Sinn, zu dem Petrus sagt: „Silber und Gold besitze ich nicht. Doch was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi, des Nazoräers, steh auf und geh umher!“ (Apg 3,6) Was Papst Franziskus in dieser extremen Notsituation zu geben hat, das gibt er: den Segen Gottes. In einer Zeit, in der Wissenschaft und Politik aufgeregt nach menschlichen Lösungen sucht, verweist er auf diese Weise auf den, der Herr ist über Leben und Tod, auf den Schöpfer der Welt. […] In seiner Ansprache sagte er, an Christus gewandt: „Du rufst uns auf, diese Zeit der Prüfung als eine Zeit der Entscheidung zu nutzen. Es ist nicht die Zeit deines Urteils, sondern unseres Urteils: die Zeit zu entscheiden, was wirklich zählt und was vergänglich ist, die Zeit, das Notwendige von dem zu unterscheiden, was nicht notwendig ist. Es ist die Zeit, den Kurs des Lebens wieder neu auf dich, Herr, und auf die Mitmenschen auszurichten.“

Ein letztes Blitzlicht betrifft den Synodalen Prozess. Damit hat Papst Franziskus einen wesentlichen Impuls für die Weiterentwicklung des Kirchenbildes für die heutige Zeit gegeben. Er möchte, dass die Kirche „eine hörende Kirche“ ist – eine Kirche, die hört auf den Heiligen Geist, und eine Kirche von Gläubigen, die aufeinander hören, um die Führung des Heiligen Geistes zu erkennen. In diesem Sinn mahnte er: „Machen wir den Heiligen Geist wieder zum Mittelpunkt der Kirche, ansonsten wird unser Herz nicht von der Liebe zu Jesus, sondern zu uns selbst entflammt. Machen wir den Heiligen Geist zum Prinzip und zur Mitte der synodalen Arbeit.“ Dieser synodale Prozess, so hat Papst Franziskus vor einiger Zeit deutlich gemacht, soll sich fortsetzen.

Bündnis bedeutet Solidarität

Wenn wir als Schönstattfamilie auf das Pontifikat von Papst Franziskus zurückschauen, dann denken wir sicher auch an die Begegnung mit ihm als Internationale Schönstattbewegung anlässlich unserer 100-Jahr-Feier am 25. Oktober 2014. Dabei äußerte er sich zu Fragen zu den fünf Themen Familie, Pädagogik, Jugend, neue Gesellschaftsordnung und Kirche. Dabei betonte er: „Kultur der Begegnung ist Bündniskultur.“ Auf die biblischen Bundesschlüsse zurückgreifend sagte er: „Und die verschiedenen Bündnisse, die er mit seinem Volk schließen wird, sind es, die diesen Weg der Verheißung und der Begegnung festigen.“ Er ergänzte: „Bündnis bedeutet Solidarität. Bedeutet die Schaffung von Bindungen, nicht die Zerstörung von Bindungen. Und heute leben wir in dieser Kultur, in dieser Kultur des Provisoriums, einer Kultur der Zerstörung der Bindungen.“ Als Schönstattbewegung, die aus dem Liebesbündnis lebt, forderte er uns somit heraus, uns dafür einzusetzen, dass die Menschen wieder fähig werden, Bindungen einzugehen. 

Am Schluss der Begegnung verriet er, dass er ein MTA-Bild auf seinem Nachttisch stehen hat, das er jeden Morgen berührt. Das zeugt von seiner großen Marienliebe, die in seinen Ansprachen und Schriften immer wieder durchgeschienen ist. Besonders sichtbar wird sie in seinem Wunsch, seine letzte Ruhestätte in der Kirche Santa Maria Maggiore zu finden. Wenn Papst Franziskus von einer Reise zurückgekehrt war, führte ihn sein Weg regelmäßig dorthin, um seine Erlebnisse der Gottesmutter zu bringen und durch sie ihrem göttlichen Sohn anzuvertrauen. Nun ist er am vergangenen Samstag dort beigesetzt worden.“

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Bernd Biberger

PD Dr. theol, Privatdozent Altes Testament Bonn, Generaldirektor der Schönstätter Marienschwestern, Mitglied des Schönstatt-Instituts Diözesanpriester.

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Beitragsfoto: © dmitrii-e_unsplash