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Entscheidend ist, wohin die Reise geht

Entscheidend ist, wohin die Reise geht

Pilgern als Grundmotiv in der Ehe

von Annette und Michael Schlüter

In über zehn Jahren haben wir viele Seminare zur Ehevorbereitung im Bistum Trier durchgeführt. Als Einstieg benutzten wir oft zwei Bilder: „In den Hafen der Ehe gelangen“ – zum Ankerplatz einer dauerhaften Beziehung, als Ruhe- und Rückzugsort, ein Nest für die Kinder/Familie; und: „Trau dich! Ein Schiff, das im Hafen liegt, ist sicher. Aber dafür werden Schiffe nicht gebaut!“ Die Ehe gleicht auch einer „Fahrt aufs offene Meer“ mit unvorhersehbarem Verlauf: „Wenn wir heiraten, übernehmen wir ein versiegeltes Schreiben, dessen Inhalt wir erst auf hoher See erfahren“ – Überraschungen inbegriffen. So wie Schiffe beides brauchen – das Festmachen im Heimat- und Zielhafen und die Ausfahrt über das unberechenbare Wasser –, gibt es auch in einer Partnerschaft den Aspekt des „Wohlstandes“, der Standfestigkeit, und den der Bewegung und Dynamik. Entscheidend ist, wohin die Reise insgesamt geht.

Was ist das Charakteristische, Spezielle, Originelle am Pilgern?

Wenn Menschen sich auf einen Weg machen, haben sie ganz unterschiedliche Beweggründe. Wann spricht man von Pilgern? Das Wort „Pilger“ kommt vom Lateinischen peregrinus, früher „Pilgrim“ = Fremdling: ein Mensch, der sich von zu Hause aus auf eine Reise in die Fremde, auf eine Wallfahrt, begibt. Ziel ist der Weg zu einem spirituellen, religiösen, „heiligen“ Ort – und wieder zurück. In allen Religionen wird gepilgert. Immer geht es um (neue) Erfahrungen von Glück, Heil, Balance mit sich selbst, mit anderen Menschen, mit der Natur und auch mit Gott.

Alles auf Erden ist vorübergehend. Von den Weg- und Exoduserfahrungen Israels her ist Christen das Aufbruchs- und Pilgerbewusstsein eingeschrieben. Sie galten zur Zeit der Urkirche als „Leute des neuen Weges“ (Apg 9,2), als Pilger mit einer großen Hoffnung. „Ich gehe, um euch im Himmel eine Wohnstatt zu bereiten“ (Joh 14,2) und „zu dem, der mich gesandt hat“ (Joh 16,5), sagt Jesus. Er bezeichnet sich selbst als diesen Weg (Joh 14,6), wir wirken auf ihm, gehen mit ihm. Dieser Pilgerweg wird zur Nachfolge, er ist schmal und eng, und nur wenige sind auf ihm unterwegs (Mt 7,14). Kein Spaziergang, sondern mit Kräfteeinsatz verbunden (Lk 13,24) – auch gefährlich.

Pilgern nicht ohne Heimat

Spätestens als Erwachsene fragen sich viele: Woher kommen, wohin gehen wir? Herkunft bestimmt Zukunft. Wer und was ist mir/uns Heimat? Der Geburtsort, bestimmte Mitmenschen, die Familie, das innere Wertesystem, der Glaube, die Kirche (Gemeinde), der Wohnort? Es gibt die äußere und die innere Heimat. Ein Privileg des christlichen Glaubens ist die Überzeugung, sich einem liebenden Gott zu verdanken – von ihm her, mit ihm und auf ihn hin zu existieren. „Du darfst sagen: Beim Herrn bin ich geborgen! Ja, bei Gott, dem Höchsten, hast du eine Heimat gefunden.“ (Ps 91,9). „Eure Heimat soll im Himmel sein!“ (Phil 3,20) – mit unlimitiertem Aufenthaltsdatum. Das bedeutet doch, die Sehnsucht nach dem Himmel zu pflegen und die Hoffnung auf die wahre Heimat, die neue Stadt (Offb 21,10–14), wach zu halten.

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Annette und Michael Schlüter

Beide leben in Hillesheim, haben drei Kinder und zwei Enkel. Annette ist Gemeindereferentin, ihr Ehemann Michael Pastoralreferent.

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