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Es braucht Mut, Vertrauen und Demut

Es braucht Mut, Vertrauen und Demut

Als Eltern reifen

von Maria Wolff

Ein früherer Novizenmeister meinte einmal: „Wenn ich dran denke, wie ich das mit dem ersten Noviziat gemacht habe, werde ich heute noch rot.“ Das dürfte wohl das Lebensgefühl vieler Eltern beim Gedanken an ihre ersten Elternjahre treffen. Man startet mit einem bunten Strauß von Gedanken und Empfindungen: Freude, Ergriffenheit, Bedenken, etwas Angst: „Ich bin doch selbst noch unsicher. Halte ich das mit den schlaflosen Nächten durch? Schaffen wir beide das miteinander? Bekommen wir alles organisiert? Kann ich genug Liebe geben? Wie reagieren wir, wenn das Kind schreit und älter ist? Sind wir dann der Hampelmann oder eher streng? Agieren wir auch mal so wie unsere Eltern, wenn unsere Kinder mal selbständig ihr eigenes Leben aufbauen?
So wie die, werden wir das mit unserem Kleinen mal nicht machen. …“
Man startet mit Theorie-Kenntnissen und vielleicht einigen pädagogischen Erfahrungen. Aber den Weg des eigenen Kindes durch das Leben zu begleiten bedeutet, mit vielen Unbekannten umzugehen, sich auf ein Abenteuer – auch der eigenen inneren Welt – einzulassen. Es erfordert Mut, Vertrauen und Demut. 

„Ja, wir machen nicht dieselben Fehler wie unsere Eltern, es gibt schließlich genug andere zur Auswahl.“ Fast richtig: Wir machen als Eltern automatisch halt doch auch Fehler wie unsere Eltern. Viele Verhaltensweisen haben wir in uns aufgenommen, die in Stresssituationen durchbrechen: Dieselben Sprüche der Strenge, des Moralisierens und emotionalen Druckes, der Laschheit, Interessenlosigkeit, Sprüche, die alles im Vagen lassen, weil man es allen recht machen will. Je nachdem, wie unsere eigenen Erzieher so drauf waren, können Lebensgefühl und Reaktionsweisen durchschlagen. Das Kind stresst und schon zuckt es in der Hand. Vielleicht ist man schnell ungeduldig, schreit das Kind nieder, bis es pariert. Oder man wird krank, wenn die Familie nicht funktioniert: Manchmal äußerlich lockere Eltern wecken damit das schlechte Gewissen und produzieren unfreie Reaktionsweisen, die momentan Situationen ordnen, aber langfristig junge Menschen fesseln. 

Kontrolle ist auch ein Thema. Eltern verfolgen jeden Schritt der Kinder. Früher war dies oft mit Strenge verbunden. Heute manipulieren Eltern schon mal dahin, dass ihre Kinder per WhatsApp ständig dokumentieren, wo sie sind und was sie gerade machen. Die elektronische Nabelschnur …

Auch in von Liebe getragenen Familien können solche Dynamiken entstehen. Es ist unvermeidbar, denn wir stecken in Verhaltensweisen wie in einer Haut.

Maria Wolff

Institut der Schönstattfamilien, Mitglied der basis-Redaktion.

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Beitragsfoto: © DimaBerlin · stock.adobe.com