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Himmelwärts!

Himmelwärts!

In aller Konsequenz?

von Martin Flesch

„Denn wie ich dem Ende immer näher komme, reise ich in einem Kreis immer näher an den Anfang. Es scheint eine Art von Ebnen und Vorbereiten des Weges zu sein. Mein Herz wird nun von vielen Erinnerungen berührt, die
längst entschlafen waren…“ Charles Dickens

„Eine Geschichte zweier Städte“

Der Begriff oder die Bezeichnung „Himmelwärts“ ist bei vielen Menschen, die dem Gründer der Schönstattbewegung, Pater Josef Kentenich, nahestehen, in eine bestimmte Richtung besetzt, und zwar meistens hoffnungsgetragen. „Himmelwärts“ ist eine Sammlung von Gebeten und spirituellen Texten, die heute unter dieser Überschrift in einem Brevier zusammengefasst sind und die Josef Kentenich während seiner schweren Zeit im Konzentrationslager Dachau verfasste. Sie sprechen von einem unerschütterlichen Gottvertrauen, von Vertrauen und Mut, von einer existentiellen Grundhaltung, die dem „Licht“, den letzten Dingen des Lebens, dem Schöpfer positiv und hoffnungsgetragen entgegenlebt. 

Interessanterweise werden von vielen Befragten in unserer Gesellschaft nach den sogenannten vier letzten Dingen des Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer kulturellen Prägung – immer wieder seit Jahrzehnten die gleichen Themenfelder benannt, die sich letztlich auch tatsächlich in vier Begriffen zum Ausdruck bringen lassen: Sinngemäß erhält man hier Antworten, die um die Bereiche Sinnhaftigkeit, Freiheit, Isolation und Tod kreisen, wobei – es scheint wenig überraschend – der Tod stets an erster Stelle genannt wird. Der geschätzte Leser möge sich gleich an dieser Stelle beantworten, welche Gefühle diese Feststellung in ihm wachrufen: Der Tod an erster Stelle der vier letzten Dinge unserer Existenzialität! Was registrieren wir: Angst, Hoffnung, Zuversicht, Trauer?

„Himmelwärts“ als mehrere Phänomene

Denkt man die These „Himmelwärts“ konsequent zu Ende, so müssen wir uns vergegenwärtigen, dass sie gleich mehrere Phänomene beschreibt, nämlich einen dynamischen Prozess, eine Wegstrecke, eine Sehnsucht sowie einen Endzustand. Konsequent durchdacht, ist diese Begriffsbildung mit unserer eigenen Vergänglichkeit auf das Engste verknüpft, und zwar auch mit demjenigen Teil, den wir – gerade auch im Rahmen unserer spirituellen Bekundungen – am wenigsten wahrhaben wollen. 

Gewiss, wir wähnen uns spirituell geerdet, aber auch „gehimmelt“, wir konzentrieren uns auf ein Leben nach dem Tode („in paradiesischen Zuständen“) – wir übersehen dabei jedoch häufig, dass die in uns innewohnenden Ängste vor dem Vergehen, dem Erlöschen unserer irdischen Existenz, dem Prozess des „Hinübergehens“ nicht nur gelegentlich in unseren Lebensentwürfen aufscheinen, sondern – ganz gegenteilig darüber hinaus – viel stärker auf unserer seelischen und psychischen Landkarte präsent sind, als wir es entweder bewusst bemerken, wahrhaben wollen, oder aber – durch anhaltende Verkleidung, fassadäre Haltungen und gewaltig zementierte Verdrängungen – überhaupt zulassen wollen.

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Martin Flesch

Dr. med., Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Forensische Psychiatrie, Ärztliches Qualitätsmanagement, Gutachterliche Praxis für straf-, zivil-, und sozialrechtliche sowie kanonische Fragestellungen, Veitshöchheim.

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Beitragsfoto: © Keitma · stock.adobe.com