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Ich aber sage euch… Die Macht des richtigen Wortes

Ich aber sage euch… Die Macht des richtigen Wortes

von Benedikt Matt

Die Macht der Rede – gerade in Deutschland oft eher kritisch beäugt. Der Blick in die Geschichte zeigt aber, dass die  richtigen Worte unsere Gesellschaft zum Positiven verändert haben – und es auch heute noch können. 

Sprache: Macht der Ohnmächtigen 

Wenn wir an Macht denken, denken wir häufig direkt an die „klassischen“ Machtmittel: Die Macht eines Amtes, das staatliche Gewaltmonopol, den Zugang zu Ressourcen und Wissen. Alles Mittel, die es Menschen erlauben, andere in ihrem Sinne zu beeinflussen und ihr Verhalten zu steuern, kurz: Zwang auszuüben. Nun sind diese Machtmittel ihrer Natur nach nicht für alle Menschen verfügbar und leider auch leicht zu missbrauchen. Es geschieht und geschah oft, dass Macht zum Schlechten, zur Unterdrückung, Ausgrenzung und Abwertung genutzt wird. 

Was aber tun, wenn man moralisch zwar auf der richtigen, in punkto Machtverhältnis aber leider auf der falschen Seite steht? Für diejenigen, die im wahrsten Sinne des Wortes ohnmächtig sind, bleibt ein Mittel übrig, das jedem Menschen offensteht und nur gehemmt, nie aber ganz unterdrückt werden kann: Der zwanglose Zwang des besseren Arguments. 

Eine Idee, ein Gedanke kann sich auch gegen stärkste Widerstände durchsetzen, wenn er erst in richtige Worte gefasst ist, und der, der ihn ausspricht, kann dadurch unsterblich werden: Martin Luther Kings Traum ging um die Welt, und unzählige träumten mit. Auch sein Tod änderte daran nichts: Ist das Wort einmal im Umlauf, kann niemand es wieder einfangen. Seine Verbreitung kann zwar sanktioniert, aber nicht verhindert werden. Seine Wirksamkeit hängt nur davon ab, ob der Rezipient es verstehen kann. Außerdem vermag das Wort etwas, wozu kein Polizeiapparat dieser Welt fähig ist: nicht nur Handlungen, sondern Überzeugungen verändern. Alles, was es braucht, um diese Macht auszuüben, ist ein überzeugter Mensch, der hervortritt und seinem Anliegen Geltung verschafft. 

In Deutschland hat diese Macht der Rede einen schweren Stand: Leidvolle Geschichte lehrt uns, dass auch diese Macht leicht zu Schrecklichem genutzt werden kann. Entsprechend skeptisch sind wir hierzulande, sobald jemand reden kann und werden schnell misstrauisch gegenüber denen, die ihre Stimme zu erheben und einzusetzen wissen. Und es ist wahr: Auch Sprache ist eine Waffe, die potenziell von jedem gegen jeden gerichtet werden kann. Dennoch ist die Geschichte voller Beispiele, in denen das gesprochene oder geschriebene Wort die Realität verändert und das Zusammenleben der Menschen verbessert oder sogar erst ermöglicht hat. Die Geschichts- und Rhetoriklehrbücher dieser Welt sind voll von Sammlungen großer Reden, und gerade in der jüngeren Geschichte gibt es viele Beispiele dafür, wie die richtigen Formulierungen es geschafft haben, die Welt zu prägen. 

Benedikt Matt

hat einen Bachelor in Allgemeiner Rhetorik und Politikwissenschaften. Sein Interesse an politischer Überzeugungsarbeit hat ihn jetzt unter die Medienwissenschaftler getrieben. Seine Freude am rhetorischem Wettstreit ist ungebrochen. Die Macht des Einzelnen, politische Partizipation und Mobilisierung sind die Themen, die ihn umtreiben. Er ist Mitglied der SMJ-Bundesleitung und des Diözesanrats der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

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