Krisen · die kalten Duschen des Lebens
Über das Training der Krisenbewältigung
von Andreas Brüstle
Manchmal ist das Leben wie eine kalte Dusche. Da zuckt man zusammen bei dem, was man alles erleben oder im Alltag durchmachen und bewältigen muss. Viele trifft es gelegentlich knallhart. Erklärungen gibt es dazu viele. „Das ist halt Schicksal“, oder jemand sagt über sein Leben: „So ein Fiasko!“ Das Leben kann schon ziemlich oft ein Trauerspiel sein und alles gerät dann aus den Fugen. Jemand stirbt, der im Herzen einen besonderen Platz hatte. Lebenspläne werden von jetzt auf gleich durchkreuzt und sind dahin. Eben hatte man noch einen Arbeitsplatz und jemand erfährt, dass er zeitnah ausgemustert wird. All dies ist ganz schwierig: Das sind die kalten Duschen des Lebens. Eine solche Situation wird zur Krise.
Dann fühlt sich das Leben oft so an, wie wenn ein Hund seine Wunden leckt und alle Aufmerksamkeit auf seine Wunde legt. Das ganze Leben scheint dann nur noch Versagen oder eine übergroße Wunde zu sein. Menschen fühlen sich zurückgesetzt, verletzt, wie vergessen, nutzlos und allein. Krisen sind schrecklich, ganz furchtbar!
Der breite Weg ins Selbstmitleid
Widerfährt jemandem solch eine Situation, fühlt sich das Leben wie gelähmt an, und der Kopf hängt nach unten. Die Schwere der Seele mit den niederdrückenden Gefühlen wirkt sich auf die gesamte Haltung aus. Die Schuld suchen viele dann immer bei sich selbst. „Ich bin schuld! Ich habe mal wieder alles verbockt.“ Wir Menschen sind Meister darin, uns ständig selbst zu entwerten und bisweilen selbst das Lebensrecht abzusprechen. Die Angst, sich eine Blöße einzugestehen oder in einer Krise zu sein, weckt die inneren Antreiber, nun aber noch perfekter sein zu müssen. Schwach sein, nein, das darf nicht sein. So manche inneren Gesetze, die in uns vorhanden sind, flüstern dann ins Ohr: „Du bist schuldig“; „Du hat es so verdient“; „Du wirst nie wieder auf die Beine kommen“. Und die Lebensenergie, der Mumm zum Leben, schwindet. …
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