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Mann und Frau in der Familienarbeit

Vater und Mutter heben die Couch mit ihren 2 Kindern drauf

Mann und Frau in der Familienarbeit

von Maria Wolff

Wer heute frühere gesellschaftliche, familiäre Zustände beurteilt, gerät schnell auf Glatteis. Heutige Maßstäbe sind andere, weil äußere Lebensumstände und die Denkweise der Menschen sich verändert haben. Mit Bewertungen sollte man vorsichtig sein – „historisches Denken“  erfordert Behutsamkeit und Einfühlungsvermögen. Das betrifft auch unser Thema: Die Arbeit in der Schönstatt-Familienbewegung. 

Mann und Frau 

Die grundsätzliche Werteorientierung bei Pater Josef Kentenich und damit auch in den von ihm gegründeten Familiengemeinschaften ist auf den ersten Blick „klassisch traditionell katholisch“. Seine Betrachtung von Mann und Frau fußt auf der Betrachtung der „Seinsordnung“, die eine Wesensbeschreibung der beiden Geschlechter kennt. Ein anderer Artikel dieses Heftes widmet sich ausführlicher dieser Thematik. Was Pater Kentenich aber nicht mitträgt, ist ein altes Denken, das vor allem im bürgerlichen Bereich vor allem ab dem 19. Jahrhundert vorherrschte: Männer seien schon biologisch dominant, forsch, erobernd und daher auch „das Tor zur Welt“, das die ganze Familie nach außen vertritt, und die Frau halte sich als passiv Empfangende im Verborgenen und werde mit repräsentiert, es sei denn, sie ist Begleitung und Zierde des Mannes. 

Pater Kentenich schätzte starke Frauenpersönlichkeiten, die Führungsaufgaben wahrnehmen konnten, und erwähnte an verschiedenen Stellen, dass die gesellschaftliche Frauenbewegung in vielerlei Richtung sein Verständnis hat und er die Notwendigkeit eines Wandels auch klar anerkennt. Frauliches Mit-Prägen etwa der Berufswelt und des öffentlich kulturellen Lebens sah er als wichtig und große Bereicherung an. Allerdings warnte er vor einer „Vermännlichung“ der Frauen – er sah den Mehrwert darin, dass sie sich von ihrer Wesensart her spezifisch einbringen und dadurch die entsprechenden Wirkungsräume „weiblich beseelen“. 

Umgekehrt hat er beispielsweise in Milwaukee die Familienväter, mit denen er zu tun hatte, immer wieder auf ihre dienende Aufgabe in ihrer Familie aufmerksam gemacht. Richard J. Fenelon ist dafür ein anschauliches Beispiel. Er als Vater zahlreicher Kinder war sehr aktiv in der Legio Mariens. Seine Frau litt unter diesen häufigen Einsätzen, denn sie musste dann ihre muntere Kinderschar alleine bändigen. Bei seinen ersten Besuchen bei Pater Kentenich setzte Richard mehrfach an, stolz von seinen vielen Aktivitäten zu erzählen und wunderte sich, dass sein Zuhörer – statt mit Anerkennung zu reagieren – mit einer gewissen Vehemenz mehrfach fragte: „Und wie geht es Ihrer Frau, und was machen die Kinder?“

In seiner Biographie „Ein Mann wird gewandelt“ wird beschrieben, wie der nach außen hin übermäßig aktive Mann lernte, hingebungsvoll für seine Familie da zu sein. Pater Kentenich hat in vielem alte Rollenmuster aufgebrochen. Der Gründer der Schönstattewegung hegte viel Sympathie für die bäuerliche Familie und für Familienhandwerksbetriebe, weil sie – anders als in der sonstigen Berufswelt – die Familienmitglieder im Alltag zusammen leben und wirken ließ. Zwar hatte jeder der Ehepartner seinen Arbeitsbereich, aber diese Bereiche wirkten auf Augenhöhe komplementär zusammen. Vater und Mutter waren häufig in gleicher Weise erreichbar und ansprechbar, und die Kinder wuchsen in einem Gesamtorganismus mit Rechten und Pflichten auf.

 

Maria Wolff

Institut der Schönstattfamilien,
Mitglied der basis-Redaktion.

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