Mit Herz und Verstand
Beim Lesen der Bibel dem Wort auf der Spur sein
von Ursula Silber
Seit vielen Jahren halte ich Bibelkurse oder Workshops zur Bibel. Manchmal fragen mich Leute: „Kann man eigentlich auch die Bibel lesen, ohne vorher Theologie studiert zu haben?“ Natürlich kann und soll man das, schließlich wurde die Bibel ja auch für ganz normale Menschen geschrieben; sie will gelesen werden. Und wenn ich glaube, dass die Bibel ein Buch ist, in dem ich Gott hören und entdecken kann, dann muss sie erst recht ein offenes, ein gesprächiges Buch für alle sein.
Manchmal aber frage ich mich: „Kann man die Bibel lesen, auch wenn man vorher Theologie studiert hat?“ Da habe ich beim Lesen bestimmter Kapitel innerlich immer noch die exegetische Vorlesung im Ohr, die ich vor vielen Jahren gehört habe. Mein Hirn analysiert literarkritisch, kanonisch oder auch sozialgeschichtlich – aber erreicht das Wort mein Herz? Geht das – Bibel lesen mit Herz und Hirn, analytisch und betend, exegetisch verantwortet und spirituell? Ich glaube, nur wenn ich diese Frage mit „Ja!“ beantworten kann, werde ich der Bibel wirklich gerecht. Und nur so kann sie auch wirklich zur „heiligen“ Schrift werden, die Relevanz besitzt für mein Leben. Mit dem Lectio-Divina-Leseprojekt des Katholischen Bibelwerks hat sich für mich ein Weg eröffnet, wirklich „dem Wort auf der Spur“ zu sein.
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