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Starke Frau in der starken Truppe

Starke Frau in der starken Truppe

von Carolin Weitzel

„This is a man’s world“, singt James Brown in einem seiner bekanntesten Songs. Wohl auch deswegen bekommt Dr. Carolin Weitzel nach eigenem Bekunden regelmäßig „positives Entsetzen“ zu spüren, wenn sie erzählt, was sie zum Broterwerb treibt. „Viele sind begeistert und wollen gleich ganz genau wissen, was ich so mache. Despektierliche Kommentare habe ich jedenfalls noch keine bekommen.“ Ihren beruflichen Alltag fasst sie so zusammen: „Schnelle und richtige Entscheidungen treffen und diese dann handwerklich richtig umsetzen.“ Klingt einfacher, als es in der Praxis vermutlich ist. Weitzel ist als Angehörige der Marine Berufssoldatin bei der Bundeswehr und leitende Oberärztin im Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz. Dort ist die Flottillenärztin (vom Dienstgrad auf einer Ebene mit einem Oberstleutnant) in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie tätig.

Was genau sie zum Militär geführt hat? Eine gewisse familiäre „Vorbelastung“ in die Richtung gab es bereits: Weitzels Vater war Soldat, die häufigen dienstlichen Umzüge gehörten zur Gewohnheit. „Ich war immer wieder an neuen Orten und lernte neue Freunde kennen.“ Schon vor dem Abitur, das sie 1994 im nordrhein-westfälischen Rheinbach erwarb, kam eine Freundin auf Weitzel zu und fragte, ob nicht ein Medizinstudium bei der Bundeswehr etwas für sie wäre. Seit 1989 ist dieses Angebot auch für Frauen offen. „Da mein Berufswunsch Ärztin schon lange feststand, habe ich mich dann nach relativ kurzer, aber doch reiflicher Überlegung bei der Bundeswehr beworben und den Bewerbungs- und Einstellungsprozess erfolgreich durchlaufen.“

Faktor Kameradschaft 

Es folgten die obligatorischen drei Monate Grundausbildung. „Nach der ersten Woche habe ich meine Entscheidung zunächst in Frage gestellt.“ Nicht wegen der sportlichen Herausforderungen. „Der Umgangston erschien mir etwas ruppig“, erinnert sie sich. Nach und nach aber entdeckte Weitzel den Reiz der Truppe. „Ich finde bis heute die Kameradschaft unglaublich spannend: Wo sonst kommen Menschen aller Schichten zusammen. Man spürt die Einheit. Die Hauptsache ist, dass man sich aufeinander verlassen kann.“ Dass bis heute Frauen bei der Bundeswehr in der Minderheit sind – geschenkt. „Ich hatte noch nie ein ungutes Gefühl. Wie es umgekehrt den Männern geht, weiß ich nicht.“

Auf die Grundausbildung folgten dann weitere 15 Monate sanitätsdienstliche und militärische Vor-Ausbildung, ehe Weitzel in Aachen ihr Medizinstudium aufnahm. „Ich führte in dieser Zeit praktisch ein ziviles Leben. Der einzige Unterschied war, dass ich alle meine Praktika bei der Bundeswehr absolvierte.“ Für die Chirurgie, mit dem langen Stehen am OP-Tisch sicher das körperlich forderndste medizinische Fach, hatte Weitzel schon früh eine Bekannte ihrer Eltern interessiert. „Sie ist Chirurgin und hat mich mal auf ihre Arbeit mitgenommen.“ Damit war die Spur gelegt, die folgenden Praktika absolvierte die Medizinstudentin, wann immer möglich, in der Chirurgie. „Vermutlich auch deswegen, weil mich handwerkliches Arbeiten seit meiner Kindheit faszinierte. Und zwar nicht nur das klassische Stricken, Sticken und Nähen. Auch Baukästen und alles, das zum Improvisieren einlädt, übt seit jeher eine große Faszination auf mich aus.“ …

Carolin Weitzel

Dr. med., ist Chirurgin bei der Bundeswehr und hat schon viele Auslandseinsätze hinter sich.

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Foto: © Dr. Carolin Weitzel als sogenannter „Beweglicher Arzttrupp“ während eines Einsatzes in Kabul, Afghanistan.