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Und dann kommt das Leben 

Und dann kommt das Leben 

von Peter Göttke

Seit fast drei Jahrzehnten begleite ich Brautpaare auf dem Weg der Vorbereitung auf ihre Hochzeit. In all den Jahren hatte ich nie den Eindruck, dass Paare ihre Ehe nur als etwas Vorübergehendes oder zeitlich Begrenztes ansehen würden. Im Gegenteil! Meist war die Sehnsucht nach dem Für-Immer in unseren Gesprächen richtig spürbar. Ungeachtet dessen gibt es natürlich unterschiedliche Hintergründe. Manche Paare haben mehr oder weniger mit der kirchlichen Seite der Trauung verbunden – andere sich intensiver oder weniger intensiv über die Vorbereitung des Gottesdienstes mit ihrem Glauben und seinem Ausdruck in der Gestaltung der Feier auseinandergesetzt. 

Meine Show – oder Eure Hochzeit?!

Auf verschiedene Weise ist gerade die Gestaltung des Gottesdienstes jedoch für viele eine Sache, der eine große Bedeutung beigemessen wird. Hinter den eher oberflächlichen Kategorien wie „romantisch“ usw. zu einer tieferen Verbindung der ganz persönlichen Bedeutung dieses Tages und seiner Gestaltung im Gottesdienst zu finden, ist mir in der Vorbereitung ein wichtiges Anliegen. Erst die innere Beteiligung des Paares macht eben aus „meiner Show“ „ihre Hochzeit“.

In der Vorbereitung ist es mir deshalb wichtig, die beiden miteinander über ihre Beziehung ins Gespräch zu bringen. Dabei spielen folgende Leitfragen eine große Rolle: Wer bin ich und was erwarte ich von der Beziehung? Wer sind wir gemeinsam in der Verbindung unserer Vorstellungen, Sehnsüchte und Erwartungen? Welche Perspektive für die Zukunft stellen wir uns vor? Warum haben wir uns für eine kirchliche Trauung entschieden? Was erwarten wir von Gott? 

Den Sinn der Ehe auf den Punkt bringen 

Sind sie zu einem Ergebnis ihrer Überlegungen gekommen, versuchen wir, dieses in einem Evangelium und einer weiterführenden Lesung auszudrücken. Diese beiden Texte bilden die Fixpunkte für die Gestaltung des Gottesdienstes. Ergänzt durch Lieder, Symbole, Fürbitten und andere Elemente, versuchen wir dann gemeinsam ein stimmiges Ganzes zusammenzufügen.
So wählte ein Paar, das sehr jung war und sich erst eine relativ kurze Zeit kannte, das Gleichnis vom Senfkorn (Mt 13,31–32), um seine Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, dass in das kleine Samenkorn ihrer Beziehung von Gott eine große Zukunft hineingelegt ist, die es nun mit seiner Hilfe gemeinsam zu entfalten gilt …! 

Ein anderes Paar wiederrum betrachtete die Umstände und das Umfeld seines Lebens und wählte das Evangelium vom Gang des Petrus auf dem Wasser (Mt 14,22-33). Dies machte für sie die Tatsache deutlich, dass das Umfeld für ihre Ehe nicht unbedingt optimal war. Aus ihrer Überzeugung heraus, von Jesus gerufen und füreinander bestimmt zu sein, vertrauten sie gerade deswegen auf seine Unterstützung. „Wenn’s dann mal schwierig wird, und wir wie Petrus Jesus – das Ziel – aus den Augen verloren haben, möchten wir, dass er uns – wie den Petrus damals auf dem See – auch herauszieht …!“ 

Im Gottesdienst selbst wird diese Botschaft dann wie eine Datei in der „Cloud“ der Zeugen gesichert, um sie im Bedarfsfall wie z. B. eines Jubiläums oder auch einer Krisensituation abrufbar zu machen. Die Rolle der Gottesdienstteilnehmer im Geschehen der Trauung gewinnt hier übrigens so ganz nebenbei eine immense Bedeutung, die den Mitfeiernden vorher oft so nicht bewusst war. So manche Rückmeldung machte deutlich, dass dies für den ein oder anderen ein echter Perspektivenwechsel von einem bloßen Dabeisein hin zu einer aktiven Rolle war. 

 

Peter Göttke

Dekan, Leiter des Pilotprojektes „Pastoraler Raum St. Benedikt“im Dekanat Kitzingen mit derzeit 24 und später 32 Kirchorten.

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