Von der Idee · zum Wunsch · zur Tat
von Michael Linden
Es gibt eine umfangreiche psychologische Forschung zur Frage, wann und warum Menschen gute Vorsätze fassen und dann auch noch umsetzen oder auch gerade nicht, wie man von Neujahrsvorsätzen weiß. Dies ist ein vielschichtiger Prozess, der in der sogenannten „Volitionspsychologie“ in der Regel als Stufenfolge beschrieben wird.
Stufe 1
Die erste Frage ist gar nicht, wie man Neujahrsvorsätze realisiert, sondern, warum man überhaupt Neujahrsvorsätze fassen soll. Sport, gesundes Essen, mehr Besuche bei Freunden, regelmäßige Kirchenbesuche usw. sind sicher gute Dinge. Aber interessiert mich das überhaupt? Kann ich nicht auch ohne Sport oder vegetarisches Essen gesund bleiben, oder habe ich nicht schon genug Freunde, oder kann ich nicht auch zuhause beten oder ohne Beten in den Himmel kommen, von dem ich sowieso nicht sicher weiß, ob es ihn gibt? Wenn alle Welt meint, Sport sei wichtig, muss man das noch lange nicht glauben.
Stufe 2
Selbst wenn ich akzeptiere, dass Sport, gesundes Essen, mehr Freunde oder Beten etwas Gutes sind, dann gilt aber auch, dass es nicht nur gute Dinge sind. Sport macht Mühe, gesundes Essen schmeckt nicht, Besuche bei Freunden führen zu lästigen Diskussionen und Kirchenbesuche sind langweilig und man holt sich eine Erkältung. Die Tatsache, dass etwas gut ist, heißt ja nicht, dass es nur gut ist. Alles hat auch seine Negativseiten, und daher ist zu allererst eine Abwägung erforderlich, ob ein Vorhaben wirklich mehr bringt, als es kostet. Auch das ist eine sehr individuelle Abwägung und nicht gleichzusetzen mit allgemeinen wohlmeinenden Empfehlungen, die in der Regel nämlich nur einseitige Betrachtungen sind. …
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