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Wenn der Chef das Kind begrüßt

Wenn der Chef das Kind begrüßt

Chancen und Risiko des Arbeitens im Homeoffice

von Laura und Cornelius Wolff

Montag, 6:55 Uhr. Der Wecker klingelt zum dritten Mal, Cornelius schält sich aus der Decke und schleicht ins Bad – bloß nicht das Kind wecken, die Tür steht offen. Nach dem Zähneputzen schon einmal den Tisch decken (Laura freut sich), anschließend geht’s zum Arbeiten – in das Zimmer nebenan.

7:14 Uhr. Aus dem Kinderbett kommen erste Lebenszeichen, gefolgt von fordernden Tönen. Nach Kuschelzeit und Wickeln gehen Laura und Sohn Benedikt zum Zähneputzen. Zum Frühstück kommt Cornelius aus dem Arbeitszimmer und hat schon die ersten Nachrichten beantwortet.

Nähe und Distanz

Bevor unser Sohn auf die Welt kam, haben wir uns oft ein Büro geteilt. Jetzt ist es hauptsächlich Cornelius’ Reich, der schon seit unserer Hochzeit vor Corona größtenteils im Homeoffice arbeitet. Arbeiten und Wohnen unter einem Dach hat für uns als Familie Chancen und Risiken. Wie geht es uns in diesem Spannungsfeld und wie passen Familie und Beruf für uns zusammen?

Wir genießen es, durch das Homeoffice mehr gemeinsame Zeiten zu haben. Das sind zum einen natürlich die Mahlzeiten. Da kann Cornelius einfach zum Frühstück und Mittagessen aus dem Büro in die Küche spazieren. Zum anderen bekommen wir beide so deutlich mehr von den Entwicklungen und Fortschritten unseres Sohnes mit. Cornelius ist einfach näher dran, als wenn er am Tag neun Stunden komplett weg wäre. So kann er sich zum Beispiel direkt über die ersten selbstständigen Schritte am Vormittag mitfreuen und muss nicht bis zum Abend warten, um zu hören, was am Tag alles passiert ist. In der ersten Zeit nach der Geburt war es zudem ein beruhigendes Gefühl für Laura, zu wissen, dass im Notfall noch jemand da ist – auch wenn wir dieses Backup am Ende nicht gebraucht haben.

Außerdem haben wir die Erfahrung gemacht, dass unsere Beziehung durch die viele gemeinsame Zeit gestärkt werden kann. Wenn wir beide uns im Büro direkt gegenüber sitzen, müssen wir uns ganz anders aufeinander einstellen. So haben wir beispielsweise während Videokonferenzen unsere Noise-Cancelling-Kopfhörer zu schätzen gelernt, die Geräusche aus der Umgebung ausblenden, oder müssen darauf achten, den anderen nicht zu unpassenden Zeitpunkten zu unterbrechen. Auch kleine Gesten im Alltag sind möglich, wenn Laura beispielsweise Cornelius ein geschnittenes Stück Obst an den Schreibtisch bringt, oder Cornelius Lauras Tasse wieder mit frischem Tee füllt.

Bei allen positiven Aspekten braucht es dennoch eine klare Abgrenzung und klare Regeln, damit Leben und Arbeiten in einer Wohnung gelingt. Wir haben ein eigenes Zimmer als Büro. Wenn die Tür zu ist, ist klar: Jetzt wird dort gearbeitet. Und das heißt für unseren Sohn, dass da nicht gestört wird. Sonst kann es passieren, dass der Chef das Kind begrüßt, wie es auch bei uns schon einmal vorgekommen ist. Dazu kommt, dass es ein gutes Gefühl ist, nachmittags das Büro verlassen zu können und zu wissen: Jetzt ist Familienzeit.

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Laura und Cornelius Wolff

sind seit 3 Jahren verheiratet und haben einen kleinen Sohn. Laura ist Referentin für Berufungspastoral im Bistum Trier, Cornelius arbeitet als Softwarearchitekt in einer Maschinenbaufirma.


Beitragsfoto: © Maria Sbytova · stock.adobe.com