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Wie der Weltjugendtag in Lissabon meine Sicht geändert hat

Wie der Weltjugendtag in Lissabon meine Sicht geändert hat

von Josepha Kemmerer

Manchmal würde ich gerne alles hinschmeißen und sagen: „Macht euren Kram doch ohne mich.“ Warum sollte ich mich noch für kirchliche Jugendarbeit engagieren? Viel zu oft kann ich mich weder mit der Kirche noch mit der Jugend identifizieren. Wie auch? Die Kirche wird hauptsächlich von älteren Männern repräsentiert, die meine Definition von Gottesdienst-„feiern“ nicht teilen. Statt bunt und laut zu sein, ist die Kirche so oft so grau und still. Vielfalt wird nicht gerne gesehen, neue Ideen finden keinen Anklang, denn „wir machen das schon immer so“. Und was die Jugend angeht, fehlt mir doch so oft das Verständnis für die Leute in meinem Alter oder jünger. 

Soziale Kontakte knüpft und hält man primär durch Social Media und wer da nicht Schritt hält, gerät in Vergessenheit. Vieles scheint so oberflächlich zu sein, Fotos und Momentaufnahmen wichtiger als das Hier und Jetzt. Man registriert kaum, wer gerade im Zug gegenübersitzt, weil man wieder mal im Bildschirm versunken ist. Tanzen und Singen ist total peinlich, es sei denn, es ist Alkohol im Spiel, und Hauptsache man sieht dabei gut aus. Ich kann nicht behaupten, dass ich nicht in manchen Punkten ähnlich ticke. Aber sind das gute Aussichten für unsere Gesellschaft? 

Im Sommer vergangenen Jahres stieg ich in das Flugzeug nach Lissabon, wo sich mein Weltbild nachhaltig ändern sollte. Zusammen mit rund 150 Schönstätter:innen aus ganz Deutschland machte ich mich auf den Weg zu meinem ersten Weltjugendtag (WJT). Nachdem sich die anfängliche Aufregung im Flugzeug gelegt hatte, schlug ich das offizielle WJT-Programmheft auf. Man bekam schon eine gewisse Vorstellung über das Event, die sich aus Erzählungen derjenigen bildete, die schon öfter dabei waren, und aus dem Programm, das ich nun aufmerksam studierte. Katechesen und Kreuzweg auf der einen Seite, junge Menschen, Strand und Sonne auf der anderen. Ein bisschen Kirchentag und ein bisschen Jugend eben. Doch als wir schließlich in Lissabon ankamen und sich die Stadt im Laufe der Woche füllte, begriff ich immer mehr, dass sich noch so viel mehr dahinter verbarg als das. 

Offen, bunt und lebensfroh

Mit offenen Armen und Herzen wurden wir in unserer Unterkunft, einer Schule in Lissabon empfangen. Gemeinsam mit jungen Frauen aus Ecuador und der Schweiz sollten wir die kommenden Tage hier verbringen. Eine schlechte Nachricht gleich zur Begrüßung: Die Duschen seien kaputt. Was am Anfang unvorstellbar klang, endete in einer improvisierten Gartenschlauchdusche, unter der sich alle Mädels mit kaltem Wasser den Schweiß des Tages von der Haut wuschen. Ob man dabei eine gute Figur machte, war völlig egal. Wir lachten und zitterten, hielten uns gegenseitig den Gartenschlauch, teilten das Shampoo und lernten neue Leute kennen.

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Josepha Kemmerer

studiert im fünften Semester Grundschullehramt an der Universität Erlangen-Nürnberg. Die Tochter einer Organistin ist kirchennah aufgewachsen und hat sich schon früh bei den Ministrant:innen und später in einem Jugendverband, dem D-Team, engagiert.

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