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Ein Foto Dietrich Bonhoeffers im Hof des Wehrmachtsuntersuchungsgefängnisses Berlin-Tegel, Sommer 1944

Vor achtzig Jahren…

16.04.2025

Am 9.4.1945 wurde Dietrich Bonhoeffer ermordet. Vor 80 Jahren, knapp vor dem Ende des 2. Weltkriegs. Er wurde nur 39 Jahre alt, aber er ist bis heute ein Prophet in und für jene tiefgreifenden Veränderungsprozesse in Kirche und Gesellschaft, die wir gerade heute neu erleben.

1939 hätte er die Gelegenheit gehabt, dem drohenden Weltkrieg zu entrinnen: er war schon auf Einladung in den USA, um dort als Dozent und Lehrer der Theologie zu arbeiten. Da wurde ihm im Hören auf die Unruhe seines Gewissens und auf die Texte der Tageslosungen bewußt, dass sein Ort Deutschland sein musste. Die Begründung für seine Rückkehr und sein Eintreten in die Widerstandsbewegung liegt in seiner Kreuzesnachfolge: Wenn er nicht Anteil nähme an dem Untergang seiner Volkes durch den Krieg, hätte er auch kein Recht, hinterher am Wiederaufbau mitzuwirken. Diese innere Entscheidung aus der Verwurzelung im Glauben an das Ostergeheimnis, an Kreuz und Auferstehung, die wir diese Woche feiern, gibt zu denken. Er formuliert so seinen Widerstand: „Wer hält stand? Allein der, dem nicht seine Vernunft, sein Prinzip, sein Gewissen, seine Freiheit, seine Tugend der letzte Maßstab ist, sondern der dies alles zu opfern bereit ist, wenn er im Glauben und in alleiniger Bindung an Gott zu gehorsamer und verantwortlicher Tat gerufen ist, der Verantwortliche, dessen Leben nichts sein will als eine Antwort auf Gottes Frage und Ruf. Wo sind diese Verantwortlichen?“

In unserer Zeit des Populismus, des ungehemmten autokratischen Machtmissbrauchs, der Zerstörung der Basis unseres gesellschaftlichen Miteinanders stellt sich mit Dietrich Bonhoeffer die Frage, wie tief wir selbst mitgerissen werden durch den Zeitgeist, wie sehr wir selbst auf Tugenden und Prinzipien vertrauen – und wann wir selbst „diese Verantwortlichen“ sein können, die es heute – 80 Jahre später – genauso braucht.

Aber Dietrich Bonhoeffer erahnte auch eine tiefgreifende Transformation des Christentums, die viele der heutigen Reformbemühungen um eine Erneuerung entlarvt als letztliche Bestandswahrung. Er erkennt, lange vor den Ergebnissen der KMU 6, dass eine religiöse Gestalt des Christentums zu Ende geht. Ein „nichtreligiöses Christentum“ ist für ihn aber nicht einfach die Aufgabe des Ursprungs des christlichen Glaubens. Es geht ihm darum, Gottes Gegenwart neu zu entdecken in einer radikalen Diesseitigkeit. Nicht in einem frommen Jenseits, in einem fernen Oben, sondern in einem radikalen Mittendrin dieser Welt ist Gott gegenwärtig – in der Radikalität der österlichen Wirklichkeit. „Wer ist Gott? Nicht zuerst ein allgemeiner Gottesglaube an Gottes Allmacht…. Das ist keine echte Gotteserfahrung, sondern ein Stück prolongierter Welt. Begegnung mit Jesus Christus. Erfahrung, dass hier eine Umkehrung allen menschlichen Seins gegeben ist. Das „Für-andere-dasein“ Jesu ist die Transzendenzerfahrung… unser Verhältnis zu Gott ist ein neues Leben im „Dasein-für-Andere“.

So können wir den österlichen Ur-Sprung in eine neue Lebensdynamik der Auferstehung leben, als Menschen für andere, als Kirche für andere. Eine solche Besinnung ist mehr als notwendig in einer Welt und in einer Kirche, die in neuen Zeiten steht.

Dr. Christian Hennecke, Hildesheim

Foto: Dietrich Bonhoeffer Portal, www.dietrich-bonhoeffer.net

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