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Oktoberfest

Michael Maas

Feste feiern

21.09.2022

Das Oktoberfest findet wieder statt! Nicht, dass mich das jemals besonders interessiert hätte. Zum einen bin ich nicht so der Bierliebhaber und trinke lieber ein Gläschen badischen Wein. Zum anderen wirkt das Ganze auf mich doch irgendwie ein wenig zu derb, eine Spur zu sehr nach Massenbesäufnis. 

Bemerkenswert ist der Beginn des Oktoberfests allerdings schon. Denn es findet zum ersten Mal seit drei Jahren wieder statt. Nicht wenige Menschen haben aus diesem Grund schon lange darauf gewartet, dass es endlich wieder losgeht. 

Und das betrifft ja keineswegs nur das riesige Oktoberfest in München. „Endlich. Seit drei Jahren findet unser Fest wieder statt.“ Das ist ein Satz, den ich dieser Tage häufiger hören konnte. Bei den STAdtGESchichten in Staufen, wo das Städtchen in einen mittelalterlichen Markt verwandelt wird und Laienschauspieler aus dem ganzen Ort kleinere Theaterstücke aus der Geschichte der Stadt Staufen aufführen. Oder an den Pfarrfesten in meiner Kirchengemeinde, die in den vergangenen Wochen erstmals nach langer Zeit wieder stattfinden konnten und viele Menschen zueinander gebracht haben. 

So viele kleinere und größere Feste geben die Möglichkeit, dass man sich wieder gesellig trifft, dass (Musik)vereine ihr Können zeigen können, dass es dem Alltag enthobene Stunden gibt. Wie unglaublich wertvoll ist das! 

Natürlich, an der ein oder anderen Stelle ist der Relaunch etwas kleiner ausgefallen als es zuletzt war. Bei den „STAGES“ etwa gab es etwas weniger Schauspieler als vor Corona und der Marktplatz war – auch aufgrund der unsicheren Witterung – jetzt nicht so überfüllt wie in den Jahren davor. In manchem Chor haben sich Sängerinnen und Sänger für immer verabschiedet usw. 

Insgesamt wird jedoch deutlich, wie sehr die Menschen das Gemeinschaftliche brauchen und schätzen. Daheim alleine oder mit zwei Freunden eine Maß Bier zu trinken ist auf Dauer genauso ermüdend, wie vor dem Spiegel irgendwelche schauspielerischen Fähigkeiten zu zeigen oder unter der Dusche zu singen. Letztlich gehört zu uns das Miteinander entscheidend dazu. Selbst wenn alles irgendwie auch im kleinen Rahmen geht: in der Gemeinschaft ist es schöner. 

Was für das Leben generell gilt, trifft genauso für den Glauben zu. Natürlich ist es wertvoll, daheim zu beten. Es ist sogar wichtig, auf diese Weise die Verbindung zu Gott zu suchen. Letztlich gehört aber die Erfahrung, miteinander zu beten und zu singen, das Erfahren von Gemeinschaft wesentlich zum Glauben dazu. 

Daher stimmt es mich sehr nachdenklich, wenn in diesen Tagen so viele aus der Kirche austreten und die Gemeinschaft der Glaubenden verlassen. Oft kann ich dann hören, dass sie sehr wohl „ihren Glauben“ behalten und man ja auch ohne die Verbindung zur Kirche an Jesus Christus glauben könne. Das mag für den Einzelnen zutreffen, das wage ich nicht zu beurteilen. Unabhängig davon, dass mit der Zeit dann jeder seinen Glauben weiterbastelt und das geeinte Bekenntnis an Jesus Christus verloren geht, fehlt allerdings auf die Dauer so das Entscheidende des Menschseins: nämlich die Tatsache, dass uns alles, was wir in Gemeinschaft tun, mehr stärkt und aufbaut als das, was wir nur für uns selbst unternehmen. 

Deshalb geht Glaube auf Dauer nicht in der Einzahl. Er braucht Inspiration von außen; das gegenseitige Tragen im Gebet; das gemeinsame Feiern der Sakramente, die wir nicht selbst machen können; bisweilen auch die Korrektur durch die anderen. Bei allen Macken, die Kirche gewiss hat: Das ist so unendlich wertvoll. Das will ich nicht missen. Gott sei Dank musste man darauf nicht drei Jahre warten. Gott sei Dank können wir diese Erfahrung regelmäßig machen. 

Michael Maas, Staufen


                                       Foto: Jürgen – pixabay.com

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