Stefan Heße
Das Planen mit dem Unplanbaren
19.08.2020
Sturmerprobt sind wir hier im Norden. Regen, Wasser, Sturm – das alles kennen wir und können auch mit nicht guten Wetterverhältnissen umgehen. Doch die Naturgewalt Corona fordert auch uns Norddeutsche neu und stets anders heraus. Nach dem erneuten Anstieg der Corona-Neuinfektionen in Deutschland und in weiteren Ländern haben etliche Menschen Sorge vor einer sogenannten zweiten Welle. Und diese Sorge mag berechtigt sein, nicht nur, weil die Infektionszahlen wieder ansteigen, sondern auch, wenn man sich die Bilder von überfüllten Stränden anschaut und erlebt, wie die Mund-und-Nasenbedeckung eher locker bis gar nicht getragen und der notwendige Abstand nicht eingehalten wird.
Ich schließe mich denen an, die den Begriff der „Welle“ meiden bzw. ihn für unangemessen halten. Denn nach einer Welle erwartet man, dass es ruhiger wird, der Sturm abebbt und alles so wird, wie vorher.
Das Coronavirus hat uns schon einiges gelehrt und diese Krise uns in Vielen herausgefordert. Der wohl stärkste Eindruck, so scheint es mir, den der Virus hinterlässt, ist das Planen mit dem Unplanbaren. Lang beabsichtigte Urlaube und lang vorbereitete Familienfeiern, all das steht in Zeiten von Corona in Frage. Nicht nur, dass die ganze Organisation dahin ist, sondern auch die Vorfreude. Kann man wegfahren oder kann man zusammen mit allen feiern? Mit diesem Bangen kann sich die Freude darauf nur schwer bis gar nicht entwickeln.
Corona wird weiterhin unser Leben beeinflussen. Hoffentlich und vermutlich nicht noch einmal so extrem, wie es noch im Frühjahr war, aber es wird bleiben. Wir lernen mit den Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen zu leben und uns vielleicht auch daran zu gewöhnen. Corona kommt nicht in einer Welle, Corona ist da. Die Krise fordert uns heraus, Neues zu lernen und über uns hinauszuwachsen: als Einzelne, als Paare, als Eltern und Kinder, als Nachbarschaft, Gesellschaft und Kirche.
Das Unplanbare wird bleiben, aber dennoch können wir es gestalten: im Hier und Jetzt und mit Mut und Zuversicht. In diesen Zeiten fällt mir immer wieder der Prediger Kohelet ein, der unsere derzeitige Situation gut beschreibt: „Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: … eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz.“ (Koh 3,1.4) Das Leben lehrt uns gerade, dass wir nicht für die Ewigkeit planen können, sondern als Christen den Auftrag haben, die Gegenwart in Gottes Sinn zu gestalten und zu verwandeln.
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