Karl Borsch
Getragen und geborgen
18.09.2024
Am letzten Sonntag habe ich Ella getauft. 3 ½ Monate alt. Ihre Eltern wünschen sich, dass Ella hineinwächst in die Gemeinschaft der Kirche. Und das in einer Zeit, in der viele Menschen die Kirche verlassen. Gleichgültig oder verärgert.
Ellas Eltern haben gute Erfahrungen gemacht. Sie fühlen sich getragen von der Gemeinschaft mit Gott und untereinander. Und sie wünschen sich für ihr Kind, dass auch Ella in ihrem Leben die Erfahrung macht, getragen und geborgen zu sein.
Vielen Menschen in unserer Gesellschaft fehlt diese Erfahrung. Die Erfahrung, aufgehoben zu sein. Eine Langzeitstudie der Bundesregierung, die Ende Mai d.J. veröffentlicht wurde, gibt Anlass zur Sorge: Die Zahl derer, die nicht wissen, wohin sie gehören, wird immer größer. Immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft fühlen sich verlassen und einsam. Das betrifft insbesondere Kinder und Jugendliche, aber auch Migranten und alte Menschen. Einsamkeit wird zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem.
Auch Ella wird die Erfahrung von Einsamkeit in ihrem Leben nicht erspart bleiben. Keinem Menschen bleibt die Einsamkeit erspart. Aber tiefer als die tiefste Einsamkeit kann die Erfahrung reichen: Ich bin aufgehoben bei Gott. Auch mir gilt die Zusage Gottes an Sein Volk Israel: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du gehörst zu mir“ (Jes 43, 1).
Im biblischen Sprachgebrauch meint der Name den ganzen Menschen, die ganze Person. Ich bin aufgehoben bei Gott. Mein Name steht in Gottes Hand.
Das zu wissen, lässt mich auch in schweren Stunden nicht verzweifeln. Gott ist da.
Weihbischof Karl Borsch, Aachen
Foto: keskieve auf pixabay.com