Peter Kohlgraf
Zölibat
13.02.2019
In den vielen aktuellen Debatten spielen plakative Schlagworte eine wichtige Rolle. Nach der Veröffentlichung der MHG-Studie steht auch der Zölibat, also die priesterliche Lebensform der Ehelosigkeit, kritisch im Fokus. In vielen Veröffentlichungen gibt es nur schwarz oder weiß: Will ein Bischof den Zölibat abschaffen oder hält er an dieser Lebensform als Verpflichtung fest?
Nachdem ich mich in dem Sinne geäußert habe, ich könne mir zukünftig andere Zugangswege auch vorstellen, war ich schnell entsprechend eingeordnet. Doch so ganz einfach möchte ich es mir und uns allen in der gemeinsamen Suche nach dem Willen Gottes nicht machen.
Zunächst einmal gilt: Menschen in einer Ehe sind nicht weniger heilig und nicht in einer weniger vollkommenen Form der Nachfolge Jesu als diejenigen, die ehelos um des Himmelreiches willen leben. Das Maß der Liebe, die mich auf dem Weg der Nachfolge motiviert, ist das entscheidende Kriterium, um immer vollkommener zu werden.
Es wäre in allen weiteren Überlegungen eine erhebliche Verarmung kirchlichen Lebens, wenn es nicht Menschen gäbe, die durch ihre bewusst gewählte Ehelosigkeit zeigen, dass die Liebe zu Gott und den Menschen in einer zölibatären Lebensweise ein erfülltes Leben schenken kann. „Gott allein genügt“ – die Erfahrung der heiligen Teresia von Avila, dass Gott allein die Fülle des Lebens schenkt, können Menschen auch in der Form der ehelosen Nachfolge erfahren und bezeugen.
Wie Menschen in jeder Lebensform müssen auch Zölibatäre Menschen sein, die in Beziehungen leben, fähig zur Freundschaft und zur Begegnung. Sie sind keine Hungerkünstler. Auf dem geistlichen Weg der Ehelosigkeit ist es Beziehungsarbeit, Gottes Gegenwart als lebendiges „DU“ zu suchen, sich zu entwickeln und auch in Krisen nach der Möglichkeit der Treue zu suchen – Gott bleibt treu.
Als Bischof ist es mir zu banal, einfach eine Abschaffung zu fordern, immerhin ist es die Lebensweise Jesu selbst. Damit bleibt sie zeitgemäß. Leider gibt nicht jede Überschrift über einem Artikel diese Einschätzung wieder.
Eine große Sorge ergibt sich aus der MHG-Studie: Wie können wir Menschen in dieser Lebensweise gut begleiten und unterstützen, damit es ein frohmachender geistlicher Weg bleibt? Die Suche nach möglichen anderen Zugangswegen zum geweihten Amt darf nur vor dem Hintergrund stattfinden, dass wir den „evangelischen Rat“ zur Ehelosigkeit nicht in die Belanglosigkeit schieben. Als Bischof ermutige ich Verheiratete und Zölibatäre, ihr Leben auf Gott zu gründen, auf seine Liebe zu bauen und sie zu bezeugen, auch wenn unser menschliches Zeugnis immer begrenzt bleiben wird.
Bischof Dr. Peter Kohlgraf, Mainz
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