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Dominikus Schwaderlapp

Wir müssen uns nur finden lassen

09.08.2017

Am 9. August vor 75 Jahren wurde Schwester Teresia Benedicta a Cruce, die hl. Edith Stein, in den Gaskammern von Ausschwitz umgebracht. Der hl. Papst Johannes Paul II. sprach sie 1987 in Köln selig und 1998 in Rom heilig. Ihre Biographie ist – wie jede Biographie – einzigartig, zugleich aber auch vorbildhaft.

„Gottsuche“, so könnte man als Überschrift über ihr Leben formulieren. 1891 in Breslau als Kind einer jüdischen Familie geboren, verlor sie allmählich den jüdischen Glauben, bezeichnete sich sogar zeitweise als Atheistin und suchte die Wahrheit in der Philosophie. Damit kam sie Gott wieder näher. Entscheidend jedoch war die Begegnung mit der hl. Teresia von Avila. Deren Biografie fiel ihr in die Hände, kurze Zeit später 1922 ließ sie sich taufen und wurde 1933 schließlich in Köln Karmelitin.

Hartnäckig war sie auf der Suche nach Gott. Sie ließ nicht locker und so fand sie ihn. Christsein bedeutet auch: Hartnäckig sein. Am Ball bleiben, wenn man weglaufen möchte. Suchen, wenn man aufgeben möchte. Doch wir können das Leben der hl. Edith Stein auch von einer anderen Perspektive her betrachten. „Gottsuche“: Gott suchte nach ihr, geduldig und hartnäckig. Gott gab nicht auf! Und so ließ sich Edith Stein finden.

Bevor wir auf die Suche nach Gott gehen, ist Gott schon längst auf der Suche nach uns. Wir müssen uns nur finden lassen. Und das gilt nicht nur für das Leben allgemein, sondern für jeden Tag. Gott geht jeden Tag auf die Suche nach mir, weil er heute etwas von mir möchte. Heute will er durch mich in dieser Welt sichtbar und berührbar werden.

Vor diesem Hintergrund könnte etwa ein Morgengebet lauten: „Hier bin ich, Herr. Ich will mich von dir finden lassen. Ich will auf deinen Ruf hören und ihn annehmen. Sende mir deinen Heiligen Geist, dass ich jeden Augenblick dieses Tages als ein von dir Gefundener leben kann.” Die von Gott gesuchte und gefundene hl. Edith Stein kann uns dabei Vorbild und Helferin sein.

Dominikus Schwaderlapp
Weihbischof in Köln

 


                                     Foto: © pixabay.com

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