0261.604090

basis Kommentare

Auf einem Sackgassenschild ist wie an einem Kreuz ein Aufkleber angebracht, der den gekreuzigten Jesus zeigt.

Eva-Maria Baumgarten

Hoffnungsträger

20.02.2025

Alle vier Wochen sitze ich mit einer Runde kirchlicher Mitarbeiter zusammen. Man tauscht sich aus, berichtet aus seinem Alltag und den Erfahrungen im kirchlichen Dienst. Und nicht selten wird es sehr persönlich. So auch bei unserem letzten Treffen. Da sagte einer der Männer, Mitte 60: „Im Moment habe ich richtig Angst. Eine Zeit wie diese, habe ich noch nie erlebt. Wo wird das enden?“ Mich berührt seine Aussage, denn sie steht unter dem Eindruck der Anschläge von Magdeburg, Aschaffenburg und München, zwischen „Schlagabtausch“, „Wahlarena“ und der Neuwahl des Deutschen Bundestags, zwischen den vielen Kundgebungen und Demonstrationen gegen Rassismus und für Demokratie und dem sogenannten „Dresdner Trauermarsch“. Zugleich erleben wir, dass mächtige Staatsmänner mit dem Feuer spielen und wahnwitzige Ideen über den Besitz bestimmter Regionen oder ganzer Länder spinnen.

„Eine Zeit wie diese habe ich noch nie erlebt…!“ klingt es in mir nach, während rund um mich längst die Diskussion weitergeht, wer welche politischen Fehler begangen hat und was die beste Wahlentscheidung für den kommenden Sonntag wäre. Es wird beinahe laut und während die einen politisch argumentieren, bleiben die anderen bei der Frage, wie man emotional mit einer solchen Situation umgehen kann. Beides hat wohl seine Berechtigung, aber meinem Eindruck nach tut sich die Runde schwer wirklich miteinander im Gespräch zu sein, wirklich zu hören, wo die Angst und Not des Anderen verborgen liegt.

Während ich versuche mir eine Meinung zu bilden, ergreift einer das Wort: „Ist es nicht gerade jetzt, in dieser Zeit, unsere Aufgabe die Tür der Hoffnung aufzustoßen, den Pilgerweg der Hoffnung zu beschreiten?“ Wow, das hat gesessen – jedenfalls bei mir, denn bis dahin hatte ich mich fast von der Angst des Anderen in Beschlag nehmen lassen. Für mich eröffnet sich mit diesen Worten eine innere Weite, die mich an diesem Abend bei aller Sorge, die ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen teile, aufatmen lässt und mir bewusst macht, dass es wohl ein Wink der Vorsehung ist, dass wir in diesem herausfordernden Moment der Geschichte mitten im Heiligen Jahr stehen und „Pilger der Hoffnung“ sein sollen. Hierbei geht es nicht um „frommes Geschwätz“, sondern um den Kern unserer christlichen Berufung.

Der südkoreanisch-deutsche Theologe und Philosoph Byung-Chul Han schlägt eine „Politik der Hoffnung, die gegen das Klima der Angst, gegen das Regime der Angst eine Atmosphäre der Hoffnung erzeugt [vor]. Da die Angst die Menschen vereinzelt, ist es unmöglich, sich gemeinsam zu ängstigen. Die Angst bringt keine Gemeinschaft, kein Wir hervor. […] Die Hoffnung hingegen enthält eine Dimension des Wir.“ (Byung-Chul Han, Geist der Hoffnung, S. 26f). Bei allen spalterischen Tendenzen und in der erfahrenen Entzweiung müssen wir Hoffnung als „Gegenfigur, ja […] Gegenstimmung der Angst, als sie nicht vereinzelt, sondern verbindet und vergemeinschaftet“ (ebd., S. 23) etablieren.

In unsrer Runde ist der Zwischenruf nach Hoffnung leider in der Diskussion untergegangen. Wäre es nicht schön, wenn Politik und Gesellschaft von der Gemeinschaft der Glaubenden – von uns als Kirche – lernen könnten, Hoffnungsträger zu sein? Welches Potenzial könnte zum Vorschein kommen, wenn wir es uns gönnen würden gemeinsam statt alleine den nächsten Schritt zu gehen, das Verbindende statt das Trennende zu suchen, mutig statt ängstlich neue Wege zu beschreiten…? „Die Hoffnung ist der Sprung, der Elan, der aus der Depression, aus der erschöpften Zukunft befreit.“ (ebd. S. 29) Das wusste übrigens schon Jeremia als er den Verbannten ins babylonische Exil schreibt: „Denn ich, ich kenne die Gedanken, die ich für euch denke – Spruch des HERRN -, Gedanken des Heils und nicht des Unheils; denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.“ (Jer 29,11) Darauf hoffe ich! Sie hoffentlich auch…

Eva-Maria Baumgarten

Gemeindereferentin im Pastoralverbund St. Michael Hohe Rhön | Bistum Fulda


                       Foto: Robert Cheaib auf Pixabay

Antworten

Datenschutz
, Inhaber: (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
, Inhaber: (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: