Frank Riedel
Von der Sehnsucht nach ruhigeren Zeiten
27.02.2025
Was erwartet mich heute wohl wieder in den Nachrichten? Mit einem etwas bangen Gefühl öffne ich inzwischen am Morgen die App meiner Tageszeitung, um mich über das aktuelle Weltgeschehen zu informieren. Kaum ein Tag, an dem nicht irgendein „Aufreger“, ein polarisierendes Thema oder eine Skurrilität auf uns wartet. Was macht das mit uns? Ständig werden Emotionen angesprochen und aufgewühlt. Stumpft man da nicht irgendwann ab?
Ich spüre in mir und auch in vielen Gesprächen nach der erfolgten Bundestagswahl den Wunsch zu einer Rückkehr zu mehr Sachlichkeit. Nach einem kurzen, aber intensiven Wahlkampf mit all den Zuspitzungen und Auseinandersetzungen der letzten Wochen dürfte jetzt mal eine ruhigere Zeit anbrechen, die von der Suche nach gemeinsamen Perspektiven und Lösungsansätzen geprägt ist. So zumindest die Hoffnung.
Aber nicht nur zwischen den Parteien mit ihren je eigenen Positionierungen braucht es jetzt ein Umdenken hin zu Dialog und Kompromissbereitschaft, um gemeinsame Perspektiven zu entwickeln, wie die Herausforderungen unserer Zeit beherzt angegangen werden können. Auch sonst in der Gesellschaft gilt es, mit Realismus manche Risse anzuschauen, die entstanden sind. Was kann uns mit unseren unterschiedlichen Überzeugungen, Hoffnungen und Perspektiven wieder mehr zusammenzuführen? Wer trägt dazu bei, dass wir mit mehr Verständnis auf die Bedürfnisse blicken, die hinter den teils gegensätzlichen Einstellungen stehen?
„Kehrt um!“ Diesen Aufruf werden wir in der bevorstehenden Fastenzeit wieder hören. Es ist der Aufruf Jesu zu einem Um-Denken, ja mehr noch: zu einer neuen Ausrichtung des ganzen Menschen. „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe!“ (Matthäus 3,2)
Ja, es wäre an der Zeit umzudenken und sich bewusst zu machen, dass es, anders als in der Fiktion von Filmen und Romanen, im realen Leben zur Lösung von Problemen und Herausforderungen anstelle von einsamen Helden ein gemeinsames Gestalten und Zupacken braucht. Die Grundlage dafür wäre freilich die Fähigkeit, aus der schnellen Dynamik von Reiz und Reaktion herauszutreten und mit Bedacht zu reflektierten Antworten zu kommen.
Mit Blick auf die internationale Bühne, aber auch auf manche Tendenzen hier bei uns bleiben Zweifel, ob uns wirklich eine ruhigere, weniger aufgewühlte Zeit bevorsteht. Aber bei all dem, worauf wir keinen Einfluss haben, kommt es doch auch darauf an, wie wir uns innerlich dazu einstellen. So kommt es auch auf jeden von uns an, wenn es darum geht, zu einer größeren Gelassenheit und Sachlichkeit zurückzufinden, um bei allem, was auf uns einströmt, weder der Versuchung zu erliegen, uns emotional ständig aufpeitschen zu lassen, noch innerlich abzustumpfen. Es ist Zeit zur Umkehr – Zeit neu zu denken.
P. Frank Riedel, München
Schönstatt-Pater
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