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peruanische Kinder

Reinhold Nann

Welttag der Armen

09.11.2022

Am Sonntag, dem 13. November, begehen wir bereits zum sechsten Mal den von Papst Franziskus ins Leben gerufenen Welttag der Armen. In der Prälatur Caravelí/Perú, in der ich arbeite, verbinden wir das mit dem Caritassonntag. Die Kollekte ist für die Arbeit der Pfarrcaritas, und die Pfarreien laden die Armen des Ortes zu einem Mittagessen ein. Oft sind das in unserem ländlichen Bereich alleingelassene alte Menschen, die Jungen sind in die Großstadt weggezogen.

„Jesus Christus wurde euretwegen arm“, sagt Paulus seinen Gemeindegliedern in Korinth, und dies ist das Motto des diesjährigen Welttages. Jesus hatte kein Haus, kein Bankkonto, kein Pferd, keine Sicherheiten. Er starb elend am Kreuz und ließ keine Erbschaft zurück, außer der, dass man nicht zwei Herren dienen kann: Gott oder dem Geld. Im Loslassen des Materiellen werden wir frei, finden wir ein anderes Glück, das nicht von dieser Welt ist. Dagegen macht das Festhalten verkrampft, voller Angst und Sorgen, dass jemand uns das, was wir haben, wegnehmen könnte.

Die Pandemie und nun der Krieg in der Ukraine haben am Vertrauen auf unsere falschen materiellen Sicherheiten gerüttelt. Die Gesundheit und die Heizung im Winter sind plötzlich nicht mehr so sicher wie vorher. „Wie viele arme Menschen bringt der Wahnsinn des Krieges hervor!“ schreibt Papst Franziskus in seiner Botschaft zum diesjährigen Welttag. Er zitiert Paulus, der damals eine Kollekte für die verarmte Gemeinde in Jerusalem organisierte und ruft die Korinther zu mehr Solidarität auf. Angesichts der Not dürfen wir nicht ängstlich an dem was wir haben festhalten, sondern im Gegenteil, das wenige was wir haben teilen. Dieses Teilen macht uns frei und offen für die Gemeinschaft. Franziskus sagt:

Es geht also nicht um eine Wohlfahrtsmentalität gegenüber den Armen, wie es oft der Fall ist, sondern es geht darum, sich dafür einzusetzen, dass es niemandem am Nötigsten fehlt. Es ist nicht der Aktivismus, der rettet, sondern die aufrichtige und großherzige Aufmerksamkeit, mit der man sich einem armen Menschen als Bruder nähert, der seine Hand ausstreckt, damit ich aus der Lähmung, in die ich gefallen bin, erwache. […] [Es] darf sich niemand von der Sorge um die Armen und um die soziale Gerechtigkeit freigestellt fühlen“

In Deutschland und Europa wurde Großartiges getan für die Aufnahme der Flüchtlinge aus der Ukraine. Es geht um Geschwisterlichkeit mit den Armen. Eine samaritanische Kirche zu sein ist wesensnotwendig, gerade heute. Die reale Begegnung mit den Armen macht uns frei von unserer Oberflächlichkeit und dem Kreisen um uns selbst. In diesem Sinne ist Jesus materiell arm geworden, um uns spirituell reich zu machen.

Besonders in den USA gibt es viele (freikirchliche) Gemeinden, die eine Theologie des materiellen Reichtums verkünden. Dieser wird zum Zeichen, dass jemand von Gott gesegnet sei. Dies ist zwar scheinbar eine geniale Inkulturation der christlichen Botschaft in das kapitalistische Wirtschaftssystem, aber im Grunde unchristlich. Der Kampf gegen den Kommunismus rechtfertigt dann die Verachtung gegenüber den Armen, ein Neuheidentum, das eine gefährliche Nähe zum Faschismus Hitlers zeigt. Die Ultrarechten Bewegungen zum Beispiel in Italien geben sich zwar nach Außen sehr christlich, in Wirklichkeit stehen sie der Botschaft Jesu jedoch diametral gegenüber, weil sie Hass auf Arme und „Andere“ schüren. Natürlich ist der Kommunismus keine Alternative, wir brauchen einen dritten Weg, eine wirklich solidarische, menschen- und armen- freundliche Marktwirtschaft.

Bischof Reinhold Nann, Caravelli / Peru
 


                                  Foto: Adam Bortnowski – pixabay.com

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