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Ein Gaukler spielt auf einer Flöte.

Hubertus Brantzen

Narrenfreiheit

14.02.2024

In den vergangenen Tagen und Wochen haben wir sie wieder erlebt: die Narren in den Bütt, die auf die Wunden der Zeit ihren Finger legten und denen da oben gehörig die Meinung sagten. Sie wetterten gegen die Fürstenhöfe unserer Tage, parodierten den Polit-Adel und durften ungestraft Kritik an allem üben, was sonst nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert oder als politisch unkorrekt oder unflätig empfunden wird. Wie ein reinigendes Gewitter ist unter dem Siegel der Narrenfreiheit die Kritik durch die Republik gezogen, begleitet von schallendem Lachen oder auch Buh-Rufen derer, die jeweils die Narrhalla füllten.

Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Das ist heute. Ab diesem Tag gilt es, nicht nur den kritischen Blick auf die anderen zu richten, sondern in jenen Narrenspiegel zu schauen, der mein eigenes Gesicht zeigt. Mir sind 40 Tage geschenkt bis zum Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling, um mir selbst darüber klar zu werden, wie es in den Hinterhöfen meines Lebens und meiner Seele aussieht. Vielleicht lasse ich in dieser Zeit auch einmal – im Sinn einer Narrenfreiheit besonderer Art – zu, dass andere mir den einen oder anderen Hinweis geben, was ich in meinem Leben und Verhalten verträglicher gestalten könnte.

Vor allem wird es aber darauf ankommen, mich selbst mit klarem, unverstelltem Blick anzuschauen und alle selbstgebastelten Fake-News über meinen vermeintlich untadeligen Lebenswandel zu entzaubern. Die Bibel gibt dazu drei Tipps: beten, fasten, Almosen geben.

Und wer beim Beten auf den Psalm 53 stoßen sollte, dem könnten die Augen aufgehen. Von dort stammt nämlich das Motiv des Narren: „Der Narr sprach in seinem Herzen: Es gibt keinen Gott.“ Ich könnte mich angesichts solcher Einsichten fragen: Möchte ich bei der Sinnsuche meines Lebens wirklich zu denen gehören, die sich wie Narren und Toren verhalten? Möchte ich bei der Suche nach  Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit oder Demokratie, wie viele der Zeitgenossen, auf den hintergründigen Halt von allem verzichten?

Ich jedenfalls gehe davon aus, dass wir in den Gemeinschaften unseres Lebens, den kleinen und großen, von jenen hintergründigen Voraussetzungen leben, die wir selbst nicht schaffen können (Ernst-Wolfgang Böckenförde). Genau diese Voraussetzungen möchte ich in den bevorstehenden 40 Tagen mir genauer anschauen.

Hubertus Brantzen, Mainz


                      Foto: Tom Woodgate auf Pixabay

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