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Gertrud Pollak

Attacken – auf was?

04.09.2024

Überall wird berichtet, unterschiedliche Diskussionen nach den Messertoten und den Verletzten von Solingen. Wichtig, dass in den Berichten und Analysen meist andere Zwischenfälle mit in Blick kommen und genannt werden: Mannheim, Frankfurt, Fulda und viele mehr. Mittlerweile gibt es ganz unterschiedliche Analysen zu den Motiven – weshalb Messer getragen werden; wer sie trägt und warum; Täter und Opfer stehen bei Einzeltaten oft in Beziehung oder der Tod kommt wahllos wie etwa bei einem Stadtfest. Menschen, die eigentlich fröhlich sein und feiern wollten, sterben. Ein schwieriges Thema durchzieht unsere Medien.

Nur diese? Die Reaktionen in der Bevölkerung sind ganz unterschiedlich. Da ist der Ruf nach härterem Vorgehen bei Asylbewerbern, strengere Abschiebungen und dennoch bleiben viele Täter auch in unserem eigenen Land. Doch was bleibt noch? Unter den Menschen entsteht Unruhe. Personen berichten über Rückzug und Ängste, über Misstrauen zu anderen, vor allem Fremden. Menschenfeindlichkeit. Andere nehmen die Situation cooler und geben vor, sich nicht beeinflussen zu lassen. Der Kopf schiebt weg, was innerlich unruhig macht. Doch betroffen sind wir eigentlich alle. Eine Stimmung macht sich breit, an der man nicht vorbeikommt und die schwer zu durchschauen ist.

Ist es da nicht irritierend, dass alle Reaktionen, die jetzt durch die Medien gehen, politischer Natur sind. Gesetze müssen verschärft und überhaupt durchgezogen werden, der Umgang mit den Dublin-Richtlinien muss verändert werden und vieles mehr. Politiker und Politikerinnen haben das Sagen und wiederholen im Brustton der Überzeugung, was sie schon früher angemahnt haben. Nur die Politik scheint gefragt.

Aber es geht nicht nur um politische Reaktionen und einzelne Maßnahmen. Es geht um mehr. Der Blick geht auf die Menschen in unserem Land. Es seien Angriffe auf unseren Lebensstil, ein globaler Religionskrieg. Doch eigentlich trifft es noch tiefer. Einzelne Personen reagieren vor allem mit stiller oder auch geäußerter Angst. Manche gießen mit Parolen Öl ins Feuer der Ängstlichkeit. Erfahrungsgemäß lassen uns Ängste aber oft überreagieren. Sie nicht zu reflektieren, macht sie aber zu einem schlechten Berater. Psychologisch betrachtet ist Angst eine sehr gesunde, lebenserhaltende Reaktion.

Es muss aber eine Art von Ängsten sein, die nicht ängstlich macht, sondern sorgfältig sorgen hilft. In der Bibel finden sich manche Verse, die unterschiedlichen Umgang mit Angst kommentieren. Neutestamentlich lesen wir beispielsweise im Evangelium des Matthäus „Von der rechten Sorge“ (6,19-34). Dabei geht es nicht um Blindheit, die nicht sehen will, was in der Welt um uns vorgeht. Es geht vielmehr darum, nicht zu vergessen, dass es für uns Christen noch einen anderen „Sorger“ gibt. Weder wegschauen, noch schlotternde Knie helfen. „Fürchte Dich nicht! Fürchtet Euch nicht!“ ist eine wichtige Zusage. Dabei gilt immer auch Sorge ja – aber: Sorget nicht ängstlich!

Dr. Gertrud Pollak, Vallendar
Ordinariatsdirektorin a. D.
Generaloberin Säkularinstitut Frauen von Schönstatt


                                     Foto: StockSnap auf Pixabay

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