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Traktoren auf einer Autobahn

Michael Gerber

Sehen und wertschätzen

24.01.2024

Neben Eis und Schnee ist der erste Monat dieses Jahres deutlich von Streiks geprägt. Sehr deutlich haben die Landwirte auf ihre Situation aufmerksam gemacht haben. Mancher Mitbürger war angesichts der langen Protestzüge verwundert darüber, wie viele Traktoren es in unserem Land gibt. Gespräche mit Landwirten haben mich bleibend nachdenklich gemacht.

Es geht bei den Protesten um deutlich mehr als nur um die Frage nach der Besteuerung des Diesels für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Zwei Themenfelder wurden wiederholt ins Wort gebracht: Welche mittel- und langfristige Perspektive hat die Landwirtschaft? Weiterhin: Wird gesehen, was unsere Arbeit wert ist, welcher Aufwand damit verbunden ist, Lebensmittel zu produzieren?

Es sind zwei Fragen, die tief in der Seele eines Menschen sich regen: Welche Perspektive habe ich? Wird gesehen, was ich leiste, was ich beitrage für das Gemeinwesen? „Eine Perspektive aufgezeigt zu bekommen“  und „gesehen werden“ sind zwei Grunderfahrungen, die Menschen in der Bibel mit Gottes Wirken verbinden.

Die Proteste der Landwirte heute und die Schriften der Bibel sind für uns ein deutlicher Hinweis, worauf es ankommen wird bei aller Notwendigkeit von Reform und Veränderung: Menschen müssen erfahren können, dass ihr Leben eine Perspektive hat und dass sie mit ihrem Beitrag aber auch mit ihren Nöten gesehen werden. Für die verbleibenden elf Monate des Jahres kann dies ein Vorsatz sein: Sehen und wertschätzen, welcher Aufwand damit verbunden ist, gesunde, regionale Lebensmittel zu produzieren. Nehmen wir einander in unserem Mühen bewusster wahr – im Horizont Gottes, der uns „eine Zukunft und eine Hoffnung geben“ will. (Jes 29,11)

Bischof Dr. Michael Gerber, Fulda


Bild von Frank Magdelyns auf Pixabay

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