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Ein Mensch mit Computerbildschirmen im Hintergrund hält einen Notizzettel hoch mit der Aufschrift

Gertrud Pollak

Ein anderes Pfingsten?

31.05.2023

Eigenartig, dass gerade die Wochen vor Pfingsten und auch jetzt immer wieder Artikel oder Fernsehbeiträge zur künstlichen Intelligenz auftauchen. KI – wie als Abkürzung die verschiedenen Arten und Systeme zusammengefasst werden, bewegt ganz unterschiedliche Gruppierungen. Rechtsfragen stehen jetzt deutlich im Raum. Ein Radiofeature dieser Tage befragte eine Pädagogikprofessorin nach dem Vorteil und eventuell auch negativen Auswirkungen von speziellen KI Programmen in der Grundschule. Die erfolgreiche Nutzung des deep-learning kann riesige Datenmengen generieren, die angeblich auch prophylaktisch Vorhersagen machen können. Ebenso sollten mittelständische Firmen und andere aufpassen, dass sie KI nicht missbräuchlich anwenden. Hilfreich, dass es Sprachverarbeitungsprogramme wie GPT-4 gibt. Selbstständig Texte redigieren! Ethische Grenzen für die KI kommen mehrfach ins Blickfeld. Die Aufzählung könnte viel länger werden, die damit verbundenen Chancen, aber auch die Probleme allzumal!

Irgendwie scheint das mit dem Hl. Geist und seinen Gaben nichts zu tun zu haben. Mir drängt sich jene Frage aber dennoch gerade an diesem Pfingstfest auf. Welche Zusammenhänge gibt es mit dem, was Christen dem Heiligen Geist und damit Gott zutrauen? Was könnte und sollte vielleicht intensiver und umfänglicher bedacht werden? In jedem Fall legt sich die Rückfrage nahe, was denn der Mensch ist und was ihn ausmacht. Was macht den Menschen zum Menschen?

Alte, auch philosophische Überlegungen bekommen neue Dringlichkeiten. Andere Herausforderungen tun sich auf. Was ist das zutiefst Menschliche in dem Moment, wo geistlose Rechenprogramme, wo Algorithmen alles Mögliche produzieren können, wie Texte, Bilder, Filme und Musik? Wozu feiern wir Pfingsten und vertrauen auf Gottes Geistesgaben: Weisheit, Einsicht, Rat, Erkenntnis, Stärke …? Die letzten beiden, biblisch genannten Gaben – Frömmigkeit und Gottesfurcht – halten viele Menschen heute für nicht relevant, aber gerade hier zeigt sich ein zutiefst menschliches Bedürfnis und auch eine menschliche Fähigkeit.

Es geht nicht darum, neue technische und wissenschaftliche Entwicklungen nicht ernst zu nehmen oder sie gar zu verdammen. Die Lenkung und Beherrschbarkeit dessen, was Menschsein ausmacht, bleibt aber dennoch offen. Software allein wird Menschsein nicht definieren. Auch wenn Pfingsten und der Glaube nicht im Blick wären, bleibt für Menschen vieles zu überlegen. Kulturelles und spirituelles Denken und Tun werden immer Früchte menschlichen Mühens bleiben wollen.

Entscheidend ist dann doch, ob recht verstandene Frömmigkeit und Gottesfurcht dem Menschen eine Ebene schaffen, die seine Würde größer machen als alles, was KI fertig bringen kann. Ein anderes Pfingsten ist gefragt und doch das, was Pfingsten für Christen ausmacht: „Komm Heiliger Geist, der Leben schafft… der die Herzen lenkt… du gibst uns Schwachen Kraft und Mut… Du tust der Welt die Wahrheit kund…“ (Gotteslob Nr. 342)

Pfingsten oder ein anderes Pfingsten?

Dr. Gertrud Pollak, Vallendar
Ordinariatsdirektorin a. D.
Generaloberin Säkularinstitut Frauen von Schönstatt


                                     Foto: Hitesh Choudhary – unsplash.com

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