Reinhard Hauke
Der einzige Neupriester
26.06.2019
Vor einer Woche wurde im Erfurter Dom ein junger Mann zum Priester geweiht. Er stammt aus einem Dorf im Eichsfeld und hat seine theologische Ausbildung in Lantershofen erhalten, nachdem er sich für den Dienst als Priester entschieden und beworben hatte. Das ganze Dorf hat regen Anteil an dieser Weihe eines jungen Mannes genommen. Man kann ruhig auch sagen: Sie waren stolz auf ihn. Die Bewohner des Dorfes können nun sagen: „Auch bei uns kann eine Berufung für den geistlichen Dienst wachsen!“
Das ist ja überhaupt immer die Überraschung, die Gott uns schenkt! Er handelt ja nicht systematisch, so dass ein Pfarrer sagen könnte: „Wenn ich diese oder jene pastorale Aktivität entfalte, dann werden sich mit Sicherheit junge Menschen für den Dienst in der Kirche melden!“ Sicherlich bedarf es der klugen Überlegungen, was Berufungen fördert und was sie verhindert. Auch in Familienkreisen muss darüber gesprochen werden. Machen kann es aber niemand, sondern eigentlich müssen wir nur wachsam sein, wenn Gott Berufungen weckt, diese dann erkennen und fördern.
Anlässlich der Priesterweihe wurde ich von einem Journalisten gefragt, warum es denn nur diese einzige Priesterweihe gab. Diese Frage hat mich verwirrt, denn ich war eigentlich froh, dass wir dadurch auch mit der Personalplanung hinkommen. Der Neupriester kann jetzt die Stelle eines „altgedienten“ Kaplans übernehmen, der nun bald Pfarrer sein wird. In der Frage des Journalistenklang so etwas wie Traurigkeit, aber auch ein bisschen der Vorwurf, dass wir uns als Bistumsleitung nicht richtig gekümmert haben.
Es scheint schwer zu sein, Verständnis dafür zu entwickeln, dass ein Dienst in der Kirche nicht nur von der fachlichen Qualifikation abhängig ist, sondern auch von der Berufung in den Dienst durch Gott. In der theologischen Fakultät in Erfurt, die einen guten Ruf hat, studieren zahlreiche Männer und Frauen für das Lehramt oder auch in Verbindung mit anderen Studiengängen, wie z.B. Wirtschaft. Sie kennen sich genauso wie die Seminaristen des Priesterseminars in den Fragen der Theologie aus, aber sie werden nicht in den Dienst der Kirche eintreten – eventuell vielleicht als Religionslehrer mit einer Missio canonica. Eine Berufung in den Dienst der Kirche und das damit verbundene Charisma der Leitung kann nur erbetet und dann gefördert und gestaltet werden.
Deshalb sind die Kirchengemeinden gebeten, das Anliegen des Gebets um Berufungen in den seelsorglichen Dienst nicht zu vernachlässigen. Eine Priesterweihe ist dann wie eine große Erntefeier, denn auch die Ernte auf den Feldern und im Garten hängt vom Segen Gottes ab. Unser Neupriester, der auf dem Land aufgewachsen ist, wird das gut verstehen und deshalb glaubwürdig vermitteln können.
Ich freue mich über diesen „Einzigen“ und wünsche mir, dass alle, die über den Dienst in der Kirche nachdenken, nicht das Gebet dafür vergessen.
Weihbischof Dr. Reinhard Hauke, Erfurt
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